Im Interview mit dem Handelsblatt erläutert Exekutivdirektorin Julia Wiens nach etwas mehr als 100 Tagen im Amt unter anderem ihre Motivation für den Wechsel zur BaFin und die Prioritäten der Aufsicht. Die Versicherungsbranche als Ganzes zu gestalten und die Transformation der BaFin zu begleiten – das reizt Wiens an ihrer neuen Aufgabe als Exekutivdirektorin der Versicherungs- und Pensionsfondsaufsicht am meisten. „Mir ist wichtig, dass die Versicherungsaufsicht als wirksam, zielorientiert und durchsetzungsstark wahrgenommen wird“, unterstreicht Wiens im Handelsblatt-Interview.
Positiv blickt Wiens auf die Lage der deutschen Lebensversicherer, die den Zinsanstieg gut verarbeitet hätten. „Die Kapitalausstattungen, also die Solvenzquoten, sind mittlerweile hoch genug. Höhere Zinsen haben zwar zu stillen Lasten in den Anleiheportfolien der Versicherer geführt. Aber Liquiditätsprobleme von Lebensversicherern sehen wir im deutschen Markt momentan nicht“, erklärt die Aufseherin.
Mit Blick auf die teilweise hohen Kosten von Lebensversicherungen macht Wiens deutlich, was die Aufsicht von den Anbietern erwartet. „Wichtig ist uns, dass die Unternehmen ihre Produkte so gestalten, dass sie die Absicherungsbedürfnisse und die Renditeerwartungen der Kunden mit einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit erfüllen.“ Die Versicherer müssten ihre Verantwortung ernstnehmen. „Eine Möglichkeit ist, die Vertriebskosten zu reduzieren“, betont die Exekutivdirektorin.
Die Schaden- und Unfallversicherer haben nach Wiens‘ Einschätzung noch immer mit der erhöhten Inflation zu kämpfen. „Vor allem in der Kfz-Versicherung waren die Prämiensteigerungen branchenweit nicht deutlich genug, um das Geschäft profitabel zu betreiben“, erläutert die Aufseherin. Dauerhaft defizitäre Sparten werde die Finanzaufsicht aber nicht akzeptieren. „Die klare Erwartungshaltung ist, dass die Versicherer im nächsten Jahr weiter nachbessern, wenn es erforderlich ist“, macht Wiens deutlich.
Bild : Julia Wiens, Chief Executive Director of Insurance and Pension Funds Supervision BaFin, copyright Matthias Sandmann.