Die laufenden Ermittlungen gegen die Wirecard-Vorstände haben nach Angaben des Unternehmens keine Auswirkungen auf das operative Geschäft. Der Dax-Konzern bekräftigte am Sonntagabend die Prognose für das laufende Geschäftsjahr. Zudem bestätigte das Unternehmen den 18. Juni als Veröffentlichungstermin für den Konzernabschluss 2019 und erwartet keine wesentlichen Abweichungen zu den bereits gemeldeten Vorläufigen Zahlen. Wirecard hatte am Freitag mitgeteilt, dass die Behörden die Geschäftsräume des Unternehmens durchsucht haben. Es geht dabei um die bereits bekannten Ermittlungen im Zusammenhang mit Ad-hoc-Mitteilungen im Vorfeld der Veröffentlichung des Sonderuntersuchungsberichts der Wirtschaftsprüfungsfirma KPMG. Wirecard hatte die KMPG-Untersuchung in Auftrag gegeben, um sich vom Vorwurf der Bilanzmanipulation reinzuwaschen. Die Prüfer fanden keine Beweise für eine Bilanztäuschung, warfen dem DAX-Konzern jedoch organisatorische Mängel vor. Die Finanzaufsicht Bafin nahm den Sonderbericht Anfang Mai unter die Lupe und erstattete Anzeige wegen des Verdachts auf Marktmanipulation. Der Verdacht beruht darauf, dass die Verantwortlichen von Wirecard am 12. März und am 22. April „irreführende Signale für den Börsenpreis der Aktien der Wirecard AG gegeben haben könnten“. Die Staatsanwaltschaft München I hat ein Verfahren gegen den gesamten Vorstand, also vier Beschuldigte, eingeleitet. In der Mitteilung von Wirecard am Sonntagabend hieß es, Vorstand und Gesellschaft respektierten die Ermittlungen und kooperierten mit den Behörden. „Alle von den Behörden im Rahmen der Durchsuchung angeforderten Daten wurden kurzfristig bereitgestellt. Da es sich um laufende Ermittlungen handelt, werden von Vorstand und Gesellschaft keine öffentlichen Erklärungen zum Inhalt oder Stand der Untersuchung abgegeben.“ Man sei zuversichtlich, dass sich der Sachverhalt aufklären wird und die Vorwürfe sich als unbegründet erweisen werden. Wirecard rechnet im laufenden Jahr weiterhin mit einem operativen Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) von 1,0 bis 1,12 Milliarden Euro.
Die Wirecard-Aktien haben am Montag ihr anfangs deutliches Minus von mehr als sieben Prozent reduziert. Zuletzt belief sich der Abschlag auf 3,12 Prozent auf 92,89 Euro, womit die Anteile des Zahlungsabwicklers aber immer noch das Schlusslicht im moderat nachgebenden Dax waren. Wirecard kommt nicht zur Ruhe. Laut Staatsanwaltschaft wird gegen den Vorstand ermittelt. Es gehe um den Verdacht der Marktmanipulation. Die Geschäftsräume des Konzerns wurden durchsucht. Wirecard erklärte sich bereit, mit den Ermittlern zu kooperieren. Als nächste Schritte könnten weitere Klagen von Investoren gegen Wirecard sowie eine Abberufung von Vorstandschef Markus Braun folgen, sagte ein Händler am Morgen und rät Anlegern bei der Aktie zur Vorsicht.
Diese Art von Nachrichten seien mit Sicherheit negativ für die Aktie, schrieb Analyst Stephane Houri von der Investmentbank Oddo BHF in einer aktuellen Studie. Fundamental gesehen habe sich aber nichts geändert. Der Experte beließ sein Anlagevotum auf „Neutral“ mit einem Kursziel von 105 Euro. Bei dem DAX-Konzern waren zuletzt selbst nach einer Sonderprüfung zu Bilanzfälschungsvorwürfen zentrale Fragen unbeantwortet geblieben. Die Wirtschaftsprüfer von KPMG meldeten in ihrem Bericht zu den Geschäftsjahren 2016 bis 2018, dass wesentliche Unterlagen fehlten – hauptsächlich zum Geschäft mit Drittfirmen. Deswegen konnten die KPMG-Prüfer auch nicht feststellen, ob den entsprechenden Buchungen auch reale Umsätze entsprechen. Wirecard hatte vor der Veröffentlichung des Berichts ausdrücklich betont, dass sich keine Belege für die öffentlich erhobenen Vorwürfe der Bilanzmanipulation ergeben hätten. Der Aktienkurs hatte sich daraufhin kräftig erholt bis auf mehr als 140 Euro, brach dann aber nach der Veröffentlichung des KPMG-Berichts ein, da die Investoren das Unternehmen angesichts der Aussagen der Wirtschaftsprüfer nicht als vollends von den Vorwürfen der Bilanzmanipulation entlastet ansahen. Unter der Voraussetzung, dass die Bilanz von Wirecard nicht von Regelverstößen getrübt werde, scheine die Aktie verglichen mit der Konkurrenz von Adyen, Wordline und Nexi gemessen am erwarteten operativen Wachstum am günstigsten bewertet, schrieb nun Oddo-Experte Houri. Es sei derzeit allerdings zu früh, um sagen zu können, ob sie tatsächlich preiswert sei oder der Kurs mögliche Bilanz-Unregelmäßigkeiten nur fair widerspiegele. Bis Mitte Mai war der Wirecard-Aktienkurs im Tief um fast die Hälfte auf 72 Euro abgerutscht. Zuletzt hatten sich die Papiere ein Stück weit erholt, aber nicht mehr den Sprung über die Marke von 100 Euro geschafft.
Aus Finanzen.net