Dieser Vorschlag zielt darauf ab, Bürokratie abzubauen und die Transparenz und das Vertrauen im Unternehmensumfeld im Binnenmarkt zu verbessern. Er soll zu stärker digitalisierten und vernetzten grenzüberschreitenden öffentlichen Dienstleistungen für Gesellschaften führen und den Verwaltungsaufwand für Unternehmen, die grenzüberschreitend tätig sind, insbesondere für KMU, verringern. Wie wird der Vorschlag Gesellschaften nützen?
Der Vorschlag wird die administrativen Hindernisse erheblich verringern, wenn Unternehmen Informationen aus Unternehmensregistern in grenzüberschreitenden Situationen, auch in Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren, verwenden:
*Wenn Gesellschaften Tochtergesellschaften oder Zweigniederlassungen in einem anderen Mitgliedstaat gründen, wird durch den Vorschlag die Anwendung des Grundsatzes der einmaligen Erfassung gewährleistet. Demnach müssen Gesellschaften die bereits in ihrem Unternehmensregister verfügbaren Informationen nicht nochmals übermitteln; vielmehr werden Unternehmensregister diese Informationen über das System zur Verknüpfung von Unternehmensregistern (BRIS) austauschen.
*Gesellschaften werden ein mehrsprachiges EU-Gesellschaftszertifikat verwenden können, um wesentliche Gesellschaftsinformationen bereitzustellen, z. B. bei der Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen, in Steuerangelegenheiten oder Genehmigungsverfahren oder bei der Beantragung von Finanzmitteln in einem anderen Mitgliedstaat.
*Gesellschaften können eine mehrsprachige Vorlage für eine digitale EU-Vollmacht verwenden, um eine Person zu ermächtigen, die Gesellschaft in einem anderen Mitgliedstaat zu vertreten.
*Gesellschaften müssen keine Apostille erhalten zu beglaubigten Urkunden oder Informationen aus Unternehmensregistern und zu bestimmten notariellen Urkunden, wenn diese Urkunden in einem anderen Mitgliedstaat vorgelegt werden.
Der Vorschlag reduziert die Notwendigkeit von beglaubigten Übersetzungen von Gesellschaftsurkunden oder Informationen, die von Unternehmensregistern bereitgestellt werden.
Wie sehr wird durch den Vorschlag der Verwaltungsaufwand für Unternehmen verringert?
Indem mehr Gesellschaftsdaten in Unternehmensregistern und auf EU-Ebene über das BRIS öffentlich zugänglich gemacht werden und die Zuverlässigkeit dieser Informationen erhöht wird, verringert der Vorschlag einerseits den Verwaltungsaufwand für Gesellschaften insgesamt und erleichtert andererseits den Zugang zu Finanzmitteln und die Gründung von Unternehmen. Er wird für rund 16 Millionen Kapitalgesellschaften und 2 Millionen Personengesellschaften in der EU gelten.
Gesellschaften, die beabsichtigen, grenzüberschreitend tätig zu werden oder grenzüberschreitende Tochtergesellschaften oder Zweigniederlassungen zu gründen, werden dank der Verwaltungsvereinfachung – einschließlich der Anwendung des Grundsatzes der einmaligen Erfassung, der Abschaffung der Apostille und der Einführung eines EU-Gesellschaftszertifikats – von wiederkehrenden jährlichen Einsparungen (Verringerung des Verwaltungsaufwands) in Höhe von rund 437 Mio. EUR profitieren.
Wie wird der Vorschlag kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) nützen?
Auf KMU entfallen 98-99 % der Kapitalgesellschaften in der EU, wobei rund 40 % der KMU grenzüberschreitend tätig sind und grenzüberschreitend investieren. Insbesondere KMU wird die Verringerung des Verwaltungsaufwands und die größere Rechtssicherheit sowie der leichtere Zugang zu Gesellschaftsinformationen zugutekommen, da sie über weniger finanzielle und administrative Ressourcen verfügen als große Gesellschaften.
Mit diesem Vorschlag wird es für KMU und Start-up-Unternehmen leichter, im Einklang mit der KMU-Strategie für ein nachhaltiges und digitales Europa (2020) und dem „EU Start-up Nations Standard“ zu expandieren und zu wachsen.
Wie wird der Vorschlag die Transparenz im Unternehmensumfeld verbessern?
Mit dem Vorschlag werden insbesondere auf EU-Ebene über das System zur Verknüpfung von Unternehmensregistern (BRIS) mehr Informationen über Gesellschaften öffentlich zugänglich gemacht. Es enthält wichtige Informationen für Anleger, Kreditgeber, Verbraucher und Behörden über
*Personengesellschaften,
*Konzerne,
*Alleingesellschafter von Einpersonengesellschaften,
*den Ort der Hauptverwaltung und die Hauptniederlassung von Gesellschaften und
*EU-Zweigniederlassungen von Gesellschaften aus Drittstaaten.
Zudem wird es die Suche nach Informationen über Gesellschaften in der EU erleichtern, indem es eine Suche über das BRIS und gleichzeitig über zwei weitere EU-Systeme zur Vernetzung der nationalen Register wirtschaftlicher Eigentümer und Insolvenzregister ermöglicht, wobei die geltenden Vorschriften für den Zugang zu den jeweiligen Systemen eingehalten werden.
Wie wird der Vorschlag das Vertrauen im Unternehmensumfeld verbessern?
Erstens wird der Vorschlag die Zuverlässigkeit von Gesellschaftsinformationen in Unternehmensregistern in der gesamten EU verbessern und somit die Vertrauenswürdigkeit dieser Informationen in grenzüberschreitenden Situationen gewährleisten. Dem Vorschlag zufolge müssen die Mitgliedstaaten insbesondere sicherstellen, dass
*eine administrative oder gerichtliche Kontrolle sowie eine Rechtmäßigkeitsprüfung der Gründungsurkunden erfolgt, wenn neue Gesellschaften gegründet oder Änderungen an diesen Urkunden vorgenommen werden;
*vor der Eintragung von Gesellschaftsinformationen in das Unternehmensregister einheitliche Kontrollen dieser Informationen (z. B. Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Gesellschaftsnamens oder des Gesellschaftszwecks) durchgeführt werden.
Zweitens wird mit dem Vorschlag erreicht, dass die Gesellschaftsinformationen in den Unternehmensregistern auf dem neuesten Stand sind, indem
*Gesellschaften gehalten sind, ihre Informationen in den Unternehmensregistern rechtzeitig zu aktualisieren und einmal jährlich zu bestätigen, dass die Informationen auf dem neuesten Stand sind;
*Unternehmensregister gehalten sind, neue Informationen von Gesellschaften schnellstmöglich öffentlich zugänglich zu machen;
*gewährleistet wird, dass Sanktionen verhängt werden, wenn Gesellschaften Informationen nicht oder verspätet bei Unternehmensregistern einreichen.
In welchem Verhältnis steht dieser Vorschlag zu dem bestehenden gesellschaftsrechtlichen Rahmen?
Der Vorschlag wahrt die unterschiedlichen Rechtstraditionen und -systeme in den Mitgliedstaaten, einschließlich der möglichen Beteiligung von Notaren an gesellschaftsrechtlichen Verfahren, und zielt nicht darauf ab, sie zu ändern.
Mit der Digitalisierungsrichtlinie von 2019 wurde sichergestellt, dass gesellschaftsrechtliche Verfahren online durchgeführt werden können, insbesondere Gesellschaftsgründungen. Der aktuelle ergänzende Vorschlag sieht den zweiten Schritt der Digitalisierung des EU-Gesellschaftsrechts vor. Sein Schwerpunkt liegt auf der Verbesserung der Verfügbarkeit von Gesellschaftsinformationen insbesondere auf EU-Ebene und der Beseitigung administrativer Hindernisse durch den Einsatz digitaler Werkzeuge und Verfahren, wenn Unternehmen und Behörden solche Informationen in grenzüberschreitenden Situationen nutzen.
Der Vorschlag führt keine neuen Systeme ein, sondern baut auf bestehenden Systemen auf, z. B. auf dem BRIS, das seit 2017 in Betrieb ist und alle Register der Mitgliedstaaten verbindet. Er steht auch im Einklang mit den EU-Vorschriften über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste (eIDAS-Verordnung und ihre laufende Überarbeitung zur Schaffung eines Rahmens für eine europäische digitale Identität).