Institutionelle Investoren weltweit sind der Auffassung, dass so genannte Tail Risks (Extremrisiken) wie Ölpreisschocks, Finanzmarktblasen oder geopolitische Spannungen aufgrund der starken Vernetzung der internationalen Kapitalmärkte häufiger auftreten. Das geht aus der aktuellen Global RiskMonitor-Umfrage von Allianz Global Investors (AllianzGI) hervor.
Rund zwei Drittel (66 Prozent) der 735 befragten institutionellen Investoren sagen, dass sie sich seit der Finanzkrise mehr Sorgen um Tail Risks machen. Im Risikomanagement schlägt sich das jedoch nicht nieder. Die Mehrheit der Befragten stützt sich noch immer auf traditionelle Asset-Allokation- und Risikomanagement-Strategien, die auf Diversifikation über Anlageklassen (61 Prozent) oder internationale Streuung (56 Prozent) beruhen.
Aufgrund der hohen Vernetzung der Märkte sind diese auf Diversifikation beruhenden Ansätzen aber immer weniger geeignet, das Risiko von Kursverlusten zu begrenzen. So gaben auch nur 36 Prozent der Befragten an, über geeignete Instrumente oder Lösungen im Umgang mit Extremrisiken zu verfügen.
Elizabeth Corley, CEO von AllianzGI, sagt anlässlich der Veröffentlichung der Studie: „Die Ergebnisse der Befragung bringen ein wichtiges Paradoxon ans Licht: Während rund zwei Drittel der institutionellen Investoren Tail-Risiken seit der Finanzkrise mit wachsender Sorge betrachten, denkt nur ein deutlich kleinerer Anteil der Befragten, dass sie Zugang zu geeigneten Instrumenten haben, um sich gegen derartige Extremereignisse zu wappnen. Wenn Extremereignisse häufiger als erwartet eintreten, dann müssen aktive Asset Manager die wichtige Aufgabe übernehmen und den Kunden nahe zu bringen, wie sich diese Ereignisse auswirken, wie man sie klassifizieren, messen und letztlich die möglichen Verluste begrenzen kann, und gleichzeitig mögliche Chancen aufzuzeigen.”
Die nächste große Gefahr
Im aktuellen Marktumfeld sehen Investoren die Wertentwicklung ihrer Portfolios durch eine Vielzahl von Faktoren gefährdet. Angesichts der jüngsten Volatilität des Ölpreises, geopolitischen Spannungen in Osteuropa und dem Mittleren Osten, sinkendem Wachstum in China, wirtschaftlicher Nöte in Europa und einer Reihe weiterer wirtschaftlicher und politischer Unsicherheiten zeigen Investoren eine erhöhte Wachsamkeit, um nicht von Tail Risks kalt erwischt zu werden.
Weltweit halten Investoren Ölpreisschocks (28 Prozent), einen Staatsbankrott, Finanzmarktblasen (je 24 Prozent) und eine Rezession in der Eurozone (21 Prozent) für die die wahrscheinlichsten Ursachen eines solchen Extremereignisses. Bei Anlegern in Amerika und Asien-Pazifik ist die Überzeugung, dass Ölpreisschocks die Ursache des nächsten Extremereignisses sein könnten (35 Prozent beziehungsweise 28 Prozent), am ausgeprägtesten, wohingegen in der Region Europa, Mittleren Osten und Afrika Blasenbildung an den Kapital- und Immobilienmärkten (33 Prozent), Staatsbankrott und geopolitische Spannungen (je 29 Prozent) als wahrscheinlichste Ursachen genannt werden.
Trends in der Asset Allokation
Das Einschätzung institutioneller Investoren im Hinblick auf traditionelle Anlageklassen ist deutlich zweigeteilt. Sie glauben an steigende Aktienmärkte in Europa und den USA, sind aber pessimistisch in Bezug auf die Anleihemärkte – in entwickelten Märkten und Schwellenländern. Befragt nach der geplanten Vermögensaufteilung, sagten 30 Prozent der Befragten weltweit, dass sie auf Zwölf-Monats-Sicht europäische und US-Aktien aufgrund des hohen Renditepotenzials aufstocken wollten. Umgekehrt wollen 29 Prozent der Anleger Staatsanleihen verkaufen, und fast ein Drittel (31 Prozent) der befragten Anleger traut den Papieren auf Jahressicht keine positive Wertentwicklung zu.
Als Grund für die Attraktivität von europäischen Aktien gaben 61 Prozent das hohe Renditepotenzial an. Bei US-Aktien geben dagegen nur 44 Prozent der Befragten und bei Schwellenländeraktien nur 20 Prozent der Befragten dies als Kaufgrund an, fast gleichauf mit den Gründen Diversifikation (18 Prozent) und Inflationsschutz (18 Prozent).
Ingo Mainert, CIO Balanced Europe bei AllianzGI, sagt in diesem Zusammenhang: „Das Risiko einer Marktkorrektur steigt mit steigenden Bewertungen, weiter schwelenden geopolitischen Spannungen und der sich abzeichnenden Straffung der US-Geldpolitik. Die derzeitige Asset Allokation von institutionellen Investoren ist sinnvoll, allerdings scheinen viele Investoren nicht in ausreichendem Maße auf Risikomanagement-Tools zu setzen, die sie gegen eine erhöhte Marktvolatilität schützen. In Zeiten finanzieller Repression sind risikobehaftete Anlageklassen eine naheliegende Option um Renditeziele zu erreichen. Die damit verbundenen Abwärtsrisiken müssen jedoch ausreichend gemanagt werden. Dabei sollten Anleger ein besonderes Augenmerk auf die Liquidität innerhalb der von Ihnen gewählten Absicherungsstrategie legen.“
Alternative Anlagen in einer risikobehafteten Welt
Institutionelle Anleger suchen nach besseren Risikomanagement-Tools für die Anlage in Alternatives. Obgleich 73 Prozent der Befragten angaben, dass sie alternative Anlageklassen bereits weitgehend in ihrer Vermögensaufteilung berücksichtigen, sagten 40 Prozent der Befragten, dass sie durchaus deren Anteil erhöhen würden. Die Voraussetzung dafür wäre, dass sie mehr Zutrauen in ihre eigenen Fähigkeiten oder die ihres Asset-Managers hätten, die damit verbundenen Risiken zu messen und zu managen. Insbesondere fordern die Anleger, dass Asset-Manager sich auf die Messung und das Management von Liquiditätsrisiken und nicht deren Vermeidung konzentrieren sollten.
Unterstützung im Risikomanagement gefragt
Institutionelle Investors sind nach wie vor traditionellen Risikomanagement-Strategien verhaftet, was sie makroökonomischen und Marktschocks aussetzt. Ansätze, die gezielt gegen Abwärtsrisiken schützen, wie Hedging oder Risikobudgetierung werden nur von etwas mehr als einem Drittel (je 35 Prozent) der Befragten eingesetzt, verbindlichkeitskongruente (26 Prozent) oder Volatilitäts-Strategien (24 Prozent) sind noch weniger verbreitet. Auch wenn Tail Risks eine große Sorge für viele Anleger darstellen, nutzen nur weniger als ein Drittel (27 Prozent) gezielte Strategien zum Schutz davor.
Das Management gegen Extrem-Szenarien stellt ein Problem für vielen Investoren weltweit dar. Sie sehen zwar, dass sie sich besser gegen diese Ereignisse schützen müssen, jedoch sind 56 Prozent der Befragten der Meinung, das Tail Risk-Strategien zu teuer seien. Zudem glauben institutionellen Investoren, dass Tail Risks (35 Prozent) und die alternativen Anlageprodukte, die in einem solchen Fall Schutz bieten sollen (36 Prozent), noch nicht genügend verstanden werden.
Arun Ratra, Head of Global Solutions bei AllianzGI, sagt: „Risikomanagement ist keine Wahlmöglichkeit. Es ist auch nichts, was man in regelmäßigen Abständen tut. Vielmehr muss es integraler Bestandteil jeder Anlagestrategie sein. Investoren mit traditionellen Risikomanagementstrategien setzen sich kaum geschützt einer Vielzahl von Gefahren aus. In dem heutigen, volatilen Marktumfeld benötigen Investoren Instrumente und Lösungen, die sie vor heraufziehenden Gefahren und nicht voraussehbaren Schocks schützen.”
Quelle: AllianzGI