Bei einem Teil der Banken in Deutschland herrscht Zweckoptimismus: 49 Prozent der Entscheider rechnen mit keiner weiteren Verschärfung der Bankenregulierung. Für sie ist das Maximum der Belastung erreicht. Für die Zukunft wünschen sie sich punktuelle Erleichterungen für ihre Branche. Mit einer Deregulierung ist allerdings nicht zu rechnen, allenfalls mit Vereinfachungen, die Vorschriften zu erfüllen. Das sind die Ergebnisse des Branchenkompass Banking 2017 von Sopra Steria Consulting und dem F.A.Z.-Institut.
Knapp zehn Jahre nach Beginn der Finanzkrise ist die Mehrheit der Institute besorgt über das Ausmaß der Regulierung. 71 Prozent der Entscheider sprechen von einer drohenden Überregulierung. Vor allem die kleineren, regionalen Institute sehnen Lockerungen herbei. Die Aussicht auf eine globale Neubewertung der Situation der Bankenregulierung hat allerdings bereits einen Dämpfer bekommen: Beim G20-Gipfel in Hamburg Anfang Juli bekannten sich die Staats- und Regierungschefs zur Regulierung der Finanzmärkte. Wirtschaftsexperten warnen zudem vor einem Deregulierungswettlauf.
Erleichterungen durch Angleichen der Regelwerke
Viele Entscheider im Bankensektor drängen deshalb darauf, die Belastung für die Branche bei der Erfüllung der Masse an Regulierungsvorschriften zu mildern. Luft für Vereinfachungen sehen sie vor allem in einer stärkeren Konvergenz der unterschiedlichen Regelwerke. Inhaltliche Doppelungen und Widersprüche sollen beseitigt sowie Meldefristen und -frequenz besser aufeinander abgestimmt werden.
Zudem werden Banken künftig granulare Mikrodaten melden und keine aggregierten Daten. Langfristig kann sich dadurch der Aufwand verringern, die Anforderungen der unterschiedlichen Regularien wie AnaCredit, BCBS 239 und Basel IV zu erfüllen. Ad-hoc-Berichte könnten auf der Grundlage integrierter Finanzarchitekturen beispielsweise deutlich schneller und mit weniger Aufwand erstellt werden.
Zusätzliche Entlastung verspricht sich die Branche davon, Regulierungsaufgaben künftig stärker über zentrale Stellen laufen zu lassen und Abläufe zu standardisieren. In Österreich betreibt beispielsweise das Joint Venture AuRep (Austrian Reporting Services) für mehrere Institute aus verschiedenen Bankengruppen eine gemeinsame Meldewesenplattform.
Ein weiterer Trend ist, regulatorische Datenanforderungen für die Eurozone über Ländergrenzen hinweg zu harmonisieren. Die Bankenaufseher sehen perspektivisch in diesem Prozess einen Paradigmenwechsel hin zu einem „European Reporting Framework“.
Banken sind selbst gefordert
Wie schnell eine Entlastung durch eine Vereinheitlichung der Prozesse für einzelne Institute spürbar wird, ist von Bank zu Bank verschieden. Zunächst müssen Datenhaushalte sowie Risikomanagement- und Meldewesen-IT-Systeme angepasst werden. „Das Beispiel AnaCredit zeigt, dass auf die Banken zunächst weitere Belastungen zukommen, bevor sich positive Effekte in Form von weniger Aufwand im Meldewesen einstellen“, sagt Dr. Ingo Schäl, Experte für Bankenregulierung von Sopra Steria Consulting. „Viel hängt davon ab, bis zu welchem Entwicklungs- und Integrationsgrad Banken ihre Finanzarchitekturen ausgebaut haben.“
Eine stärke Konvergenz und ein standardisiertes Meldewesen könnten mittelfristig auch den stark überlasteten IT-Abteilungen der Banken helfen. In zwei Dritteln der Institute herrscht Projektstau. Wichtige Zukunftsvorhaben wie die Digitalisierung müssen warten, weil die IT-Abteilungen fast vollständig von Regulierungsthemen blockiert sind.
Regulierung: Banken sehnen Erleichterung herbei
17 August 2017