Bernd Ziesemer
Als sich Monsanto-Chef Hugh Grant mit 123 Millionen Dollar Abfindung verabschiedete, warf ihm sein breit lächelnder Freund Werner Baumann jede Menge Lob hinterher. Der Bayer-Chef stellte sich Arm in Arm mit dem Schotten vor die Kameras, lobte seine „enorme Unterstützung“ bei der Übernahme des amerikanischen Konzerns und wies jede Kritik am Geschäftsgebaren des schon damals höchst umstrittenen Glyphosat-Produzenten zurück. Seitdem sind die Gerichtsklagen gegen das Monsanto-Unkrautvernichtungsmittel Roundup auf 50.000 gestiegen, die schrägen PR-Methoden des Konzerns in das Kreuzfeuer der öffentlichen Kritik geraten und die zahlreichen Manipulationen mit angeblich wissenschaftlichen Studien ans Tageslicht gekommen. Bayer verspricht ständig Transparenz im Fall Glyphosat, aber verfolgt die Sünden der Monsanto-Vergangenheit nicht mit eigenen Mitteln nach, sondern gibt immer nur das zu, was sich auf keinen Fall mehr leugnen lässt. Deshalb versinkt der Konzern immer wieder im Monsanto-Sumpf, wenn es gerade so aussieht, als ginge es nun endlich wieder bergauf.
Jüngstes Beispiel : Nach Informationen der Organisation Lobby Control finanzierte Monsanto verdeckt die wissenschaftlichen Studien eines deutschen Professors, die bis zuletzt von Bayer als „unabhängige“ Beweise für die Unschädlichkeit von Glyphosat ins Feld geführt worden waren. Im deutschen Wissenschaftsbetrieb gilt es als schwerer Verstoß gegen die Forschungsregeln, den Finanzier einer Studie zu verschweigen. Bayer räumt jetzt das Fehlverhalten ein, hält die Studien des Monsanto-Mannes aber trotzdem für valide.
Bayer sitzt in der Monsanto-Falle
Bei der Übernahme von Monsanto ist die Bayer-Spitze den größten Rosstäuschern der jüngeren US-Wirtschaftsgeschichte aufgesessen. Daran kann inzwischen kein Zweifel mehr bestehen. Und weil Hugh Grant für wasserdichte Verträge sorgte, kann sich Bayer keinen Cent von dem ehemaligen Monsanto-Chef zurückholen. Vorstand und Aufsichtsrat wollen das aber auch gar nicht. Denn mit jeder Forderung an Grant würden sie zugleich ihr eigenes Pflichtversäumnis einräumen, vor dem größten Deal der Bayer-Geschichte (und der deutschen Wirtschaft überhaupt) alles auf Herz und Nieren zu prüfen. Grant lacht sich wahrscheinlich ins Fäustchen, wie gut sein Timing beim Abschied von Monsanto war.
Den Bayer-Konzern aber umwabert inzwischen der Ruf der Unglaubwürdigkeit und unseriösen Öffentlichkeitsarbeit, wie er in der deutschen Wirtschaft nur sehr selten zu beobachten war. Dabei geht fast alles auf die Monsanto-Vergangenheit zurück. Doch weil sich der Konzern niemals richtig von dem amerikanischen Erbe distanziert hat, fällt alles auf seine Füße. Wahrscheinlich kann sich Bayer auch gar nicht distanzieren, siehe oben, weil man damit Anlegerklagen gegen den jetzigen Vorstand und Aufsichtsrat Tür und Tor öffnen würde.
Man hat sich also selbst in einer Falle gefangen, aus der man nicht mehr entweichen kann. Als einzige reale Hoffnung bleibt ein möglicher Vergleich mit den Glyphosat-Geschädigten in den USA. Aber ob damit die Geschichte wirklich zu Ende geht, kann man bezweifeln. Auch in anderen Ländern, zum Beispiel Kanada, schwillt die Zahl der Klagen inzwischen an. Ein Ende der negativen Schlagzeilen ist damit nicht abzusehen.