Kritische Rohstoffe: Sichere und nachhaltige Lieferketten für die grüne und die digitale Zukunft der EU gewährleisten

18 März 2023
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Die Kommission schlägt ein umfassendes Maßnahmenpaket vor, mit dem eine sichere, diversifizierte, bezahlbare und nachhaltige Versorgung mit kritischen Rohstoffen für die EU gewährleistet werden soll. Rohstoffe sind für ein breites Spektrum strategischer Sektoren (Netto-Null-Industrie, digitale Industrie, Luft- und Raumfahrt sowie Verteidigung) unverzichtbar. Prognosen zufolge wird die Nachfrage nach kritischen Rohstoffen zwar drastisch zunehmen, Europa ist aber stark auf Importe angewiesen, die häufig von Lieferanten aus nur einem Drittland mit einer Quasi-Monopolstellung stammen. Die EU muss die für die Lieferketten mit solchen strategischen Abhängigkeiten einhergehenden Risiken mindern, um ihre Wirtschaft widerstandsfähiger zu machen, wie die Engpässe nach der COVID-19-Pandemie und die Energiekrise nach der Invasion der Ukraine durch Russland deutlich vor Augen geführt haben. Dies könnte dazu führen, dass es der EU nicht gelingt, ihre Ziele in den Bereichen Klimaschutz und Digitalisierung zu verwirklichen.

Durch die Verordnung und die Mitteilung zu kritischen Rohstoffen, die heute angenommen wurden, werden die Stärken und Chancen genutzt, die der Binnenmarkt und die externen Partnerschaften der EU bieten, um die Lieferketten für kritische Rohstoffe in der EU zu diversifizieren und widerstandsfähiger zu machen. Die Verordnung zu kritischen Rohstoffen sorgt dafür, dass die EU drohende Störungen besser überwachen und mindern kann und macht unsere Wirtschaft kreislauforientierter und nachhaltiger.

Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen‚ erklärte: „Durch diese Verordnung werden wir der Verwirklichung unserer Klimaziele ein Stück näherkommen. Damit werden Veredelung, Verarbeitung und Recycling von kritischen Rohstoffen in Europa erheblich verbessert. Rohstoffe sind von entscheidender Bedeutung, wenn es darum geht, Schlüsseltechnologien wie Windkrafterzeugung, Wasserstoffspeicherung oder Batterien zu entwickeln, die wir für den grünen und den digitalen Wandel brauchen. Und wir werden noch intensivier mit zuverlässigen Handelspartnern weltweit zusammenarbeiten, damit die EU nicht mehr so stark von nur einem oder wenigen Ländern abhängig ist. Es liegt in beiderseitigem Interesse, die Produktion nachhaltig zu steigern und gleichzeitig die Lieferketten unserer europäischen Unternehmen möglichst stark zu diversifizieren.“

In Verbindung mit der Reform der Gestaltung des Strommarkts und der Netto-Null-Industrie-Verordnung entsteht durch die heute zum Thema kritische Rohstoffe vorgestellten Maßnahmen ein günstiges Regelungsumfeld für eine klimaneutrale Industrie und für die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft, so wie dies im Industrieplan für den Grünen Deal angekündigt wurde.

Interne Maßnahmen

Durch die Verordnung zu kritischen Rohstoffen erhält die EU die Instrumente, die sie zur Gewährleistung einer sicheren und nachhaltigen Versorgung mit kritischen Rohstoffen benötigt. Dafür sind insbesondere folgende Maßnahmen erforderlich:

Festlegung klarer Prioritäten: Die Verordnung enthält nicht nur eine aktualisierte Liste kritischer Rohstoffe, sondern auch eine Liste strategischer Rohstoffe, die für Technologien unbedingt benötigt werden, die für die ökologischen und die digitalen Ziele Europas sowie für Anwendungen im Verteidigungs- und Weltraumbereich von Bedeutung sind, und bei denen in Zukunft die Versorgung nicht gesichert sein könnte. Sowohl die Liste kritischer Rohstoffe als auch die Liste strategischer Rohstoffe wird mit der Verordnung in das EU-Recht integriert. In der Verordnung werden klare Richtwerte für die inländischen Kapazitäten entlang der strategischen Rohstofflieferkette und für die Diversifizierung der Versorgung der EU bis 2030 wie folgt festgesetzt:

Mindestens 10 % des jährlichen Verbrauchs der EU in Bezug auf den Abbau,
mindestens 40 % des jährlichen Verbrauchs der EU in Bezug auf die Verarbeitung und
mindestens 15 % des jährlichen Verbrauchs der EU in Bezug auf das Recycling.
Nicht mehr als 65 % des jährlichen Bedarfs der Union an einem beliebigen strategischen Rohstoff in jedem relevanten Verarbeitungsstadium dürfen aus einem einzigen Drittland stammen.

Sichere und widerstandsfähige Lieferketten für kritische Rohstoffe in der EU schaffen: Durch die Verordnung wird der Verwaltungsaufwand verringert. Außerdem werden die Genehmigungsverfahren für einschlägige Projekte in der EU vereinfacht. Darüber hinaus wird bei ausgewählten strategischen Projekten sichergestellt, dass der Zugang zu Finanzmitteln erleichtert wird und die Genehmigungsfristen (auf 24 Monate für Abbaugenehmigungen bzw. je 12 Monate für Verarbeitungs- und Recyclinggenehmigungen) verkürzt werden. Die Mitgliedstaaten müssen auch nationale Programme zur Exploration geologischer Ressourcen entwickeln.

Maßnahmen, mit denen sichergestellt wird, dass die EU Versorgungsrisiken mindern kann: Damit die Widerstandsfähigkeit der Lieferketten gewährleistet wird, sind in der Verordnung die Überwachung der Lieferketten für kritische Rohstoffe und die Koordinierung der strategischen Rohstoffvorräte auf der Ebene der Mitgliedstaaten vorgesehen. Bestimmte Großunternehmen werden die Lieferketten der von ihnen benötigten strategischen Rohstoffe einem Audit unterziehen müssen, das auch einen Stresstest auf Unternehmensebene umfasst.

In Forschung, Innovation und Kompetenzen investieren: Die Kommission wird die Akzeptanz und den Einsatz bahnbrechender Technologien im Bereich der kritischen Rohstoffe fördern. Darüber hinaus werden durch eine groß angelegte Kompetenzpartnerschaft für kritische Rohstoffe und eine Rohstoffakademie verstärkt Kompetenzen aufgebaut, die für die im Bereich der Lieferketten für kritische Rohstoffe tätigen Arbeitskräfte relevant sind. Außerhalb der EU werden mit der Initiative „Global Gateway“ Partnerländer dabei unterstützt, ihre eigenen Abbau- und Verarbeitungskapazitäten sowie entsprechende Kompetenzen zu entwickeln.

Die Umwelt durch die Verbesserung der Kreislaufwirtschaft und nachhaltigere kritische Rohstoffe schützen: Eine sicherere und erschwinglichere Versorgung mit kritischen Rohstoffen muss mit verstärkten Bemühungen einhergehen, negative Auswirkungen auf Arbeitnehmer- und Menschenrechte und auf den Umweltschutz sowohl in der EU als auch in Drittländern abzumildern. Anstrengungen zur nachhaltigeren Gestaltung der Wertschöpfungsketten für kritische Rohstoffe werden sich auch auf die wirtschaftliche Entwicklung in Drittländern sowie auf die Steuerung der Nachhaltigkeit, die Menschenrechtslage, die Lösung von Konflikten und die regionale Stabilität positiv auswirken.

Die Mitgliedstaaten müssen durch die Umsetzung und Verabschiedung nationaler Maßnahmen dafür sorgen, dass die Sammlung von Abfällen mit einem hohen Anteil an kritischen Rohstoffen verbessert wird und diese zu kritischen Sekundärrohstoffen recycelt werden. Die Mitgliedstaaten und die privaten Betreiber müssen prüfen, ob sich die Rückgewinnung kritischer Rohstoffe aus mineralischen Abfällen lohnt, die aus derzeit abgebauten Vorkommen bzw. von historischen Standorten mit Bergbauabfällen stammen. Produkte, die Dauermagnete enthalten, müssen die Anforderungen in Bezug auf die Kreislaufwirtschaft erfüllen und mit Informationen über die Recyclingfähigkeit und den Rezyklatanteil versehen sein.

Internationales Engagement

Die Importe kritischer Rohstoffe der Union diversifizieren: Die EU wird ihren Bedarf an derartigen Rohstoffen niemals selbst decken können und auch künftig weitgehend auf Importe angewiesen sein. Der internationale Handel spielt daher eine Schlüsselrolle für die Steigerung der weltweiten Produktion und für die Diversifizierung der Versorgung. Die EU wird ihre weltweite Zusammenarbeit mit verlässlichen Partnern ausbauen müssen, um die Investitionstätigkeit zu entwickeln und zu diversifizieren, die Stabilität im internationalen Handel zu fördern und den Investoren mehr Rechtssicherheit zu bieten. Insbesondere wird sich die EU um für beide Seiten vorteilhafte Partnerschaften mit Schwellen- und Entwicklungsländern, vor allem im Rahmen ihrer Global-Gateway-Strategie, bemühen.

Die EU wird ihre handelspolitischen Maßnahmen intensivieren. Dafür wird sie einen Club für kritische Rohstoffe für alle gleich gesinnten Länder einrichten, die zum Ausbau globaler Lieferketten bereit sind, die Welthandelsorganisation (WTO) stärken, ihr Netz an Abkommen über nachhaltige Investitionsförderung und Freihandelsabkommen erweitern und die Durchsetzung der Vorschriften zur Bekämpfung unfairer Handelspraktiken noch vehementer einfordern.

Die EU wird strategische Partnerschaften weiterentwickeln: Sie wird mit zuverlässigen Partnern daran arbeiten, ihre eigene wirtschaftliche Entwicklung durch den Aufbau von Wertschöpfungsketten in den jeweiligen Ländern nachhaltig zu fördern und sich zugleich für sichere, widerstandsfähige, bezahlbare und ausreichend diversifizierte Wertschöpfungsketten für die EU einsetzen. Bevor die vorgeschlagene Verordnung erlassen wird und in Kraft tritt, muss sie vom Europäischen Parlament und vom Rat der Europäischen Union erörtert und gebilligt werden.

Hintergrund

Diese Initiative umfasst eine Verordnung und eine Mitteilung. Mit der Verordnung wird ein Rechtsrahmen zur besseren Entwicklung inländischer Kapazitäten sowie für nachhaltigere und stärker kreislauforientierte Lieferketten für kritische Rohstoffe in der EU vorgegeben. In der Mitteilung werden Maßnahmen vorgeschlagen, um die Lieferketten durch neue internationale, sich gegenseitig unterstützende Partnerschaften stärker zu diversifizieren. Die Optimierung des Beitrags, den EU-Handelsabkommen in vollkommener Komplementarität mit der Global-Gateway-Strategie leisten können, bildet einen weiteren Schwerpunkt.

Die Verordnung zu kritischen Rohstoffen wurde von Präsidentin von der Leyen in ihrer Rede zur Lage der Union 2022 angekündigt. Sie rief dazu auf, durch die Diversifizierung und Sicherung einer inländischen und nachhaltigen Versorgung mit kritischen Rohstoffen die EU von importierten kritischen Rohstoffen weniger abhängig zu machen. Damit wird auf die vom Europäischen Rat angenommene Erklärung von Versailles 2022 reagiert, in der die strategische Bedeutung kritischer Rohstoffe für die Gewährleistung der strategischen Autonomie der Union und der europäischen Souveränität hervorgehoben wurde. Die Verordnung knüpft auch an die Schlussfolgerungen der Konferenz zur Zukunft Europas und an die Entschließung des Europäischen Parlaments über eine EU-Strategie für kritische Rohstoffe vom November 2021 an.

Die Maßnahmen stützen sich auf die Kritikalitätsbewertung (2023), die auf strategischen Technologien fokussierte Vorausschau und die im Rahmen des Aktionsplans zu kritischen Rohstoffen (2020) initiierten Maßnahmen. In den heute vorgelegten Vorschlag sind die wissenschaftlichen Arbeiten der Gemeinsamen Forschungsstelle (JRC) der Kommission eingeflossen. Abgesehen von ihrer Vorausschau hat die JRC auch das Rohstoffinformationssystem umgestaltet, das über primäre (abgebaute oder auf andere Weise gewonnene) und (z. B. durch Recycling gewonnene) sekundäre Rohstoffe Aufschluss gibt. Das Tool liefert Informationen über bestimmte Materialien und Länder sowie für verschiedene Sektoren und Technologien und enthält Analysen, in denen auf Angebot und Nachfrage in Gegenwart und Zukunft eingegangen wird.

Die Verordnung zu kritischen Rohstoffen wird zusammen mit der „Netto-Null-Industrie-Verordnung“ der EU vorgelegt, die darauf abzielt, die Entwicklung der wichtigsten CO2-neutralen oder „Netto-Null-Technologien“ in der EU zu forcieren, damit die EU über sichere, nachhaltige und wettbewerbsfähige Lieferketten für saubere Energie zur Verwirklichung ihrer Klima- und Energieziele verfügt.



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