Finanzdienstleistungsinstitute in Deutschland müssen für ihre Prozesse im Bereich Anti-Geldwäsche-Compliance insgesamt mehr als 46 Milliarden US-Dollar jährlich aufwenden. Diese Hochrechnung ergibt sich aus einer zwischen April und Juni 2017 im Auftrag von LexisNexis Risk Solutions durchgeführten Umfrage unter 250 Verantwortlichen für Geldwäsche-Compliance in fünf europäischen Ländern – darunter 51 Befragte in Deutschland.
Innerhalb der vergangenen zwei Jahre sind die Kosten der Anti-Geldwäsche-Compliance bei Banken, Asset Managern und anderen Finanzdienstleistern in Deutschland um durchschnittlich 22 Prozent gestiegen. Allein im laufenden Jahr dürften laut den Umfrageergebnissen die Kosten um 15 Prozent bei kleineren und bis 23 Prozent bei größeren Anbietern weiter zulegen. Diese Entwicklung klingt vor dem Hintergrund der seit 26. Juni 2017 wirksamen Umsetzung der 4. EU-Geldwäsche-Richtlinie in die nationale Gesetzgebung plausibel, denn das neue Geldwäschegesetz ist im Vergleich zum Vorgänger mit deutlich umfangreicheren Sorgfaltspflichten versehen.
Insgesamt verteilen sich die Kosten der Geldwäsche-Compliance laut der Studie „Die tatsächlichen Kosten der AML-Compliance“ zu 75 Prozent auf Personal- und zu 25 Prozent auf Technologie-Kosten. Nach Tätigkeiten aufgeteilt fallen 40 Prozent der Kosten auf Prüfungen im Bereich „Know-Your-Customer“ (KYC). Das ist insofern auffällig, als sich gerade diese Prozesse gut für Automatisierung und Outsourcing eignen – doch nur 44 Prozent der Befragten geben an, dass diese Tätigkeiten in ihren Häusern bereits ausgelagert sind. Auch für andere Vorgänge der Geldwäsche-Compliance wie zum Beispiel die Überwachung von Sanktionslisten besteht noch ein großes Potenzial, Effizienzen zu realisieren.
Da Finanzdienstleister in Deutschland noch sehr stark auf Personaleinsatz bei Vorgängen im Bereich Geldwäsche-Compliance setzen und weniger auf die Unterstützung entsprechender Technologie, steigen die Kosten der Compliance deutlich mit den steigenden gesetzlichen Anforderungen, während technologische Lösungen entsprechend skalierbar wären. Insbesondere in den KYC-Prozessen (Informationen sammeln, Überwachung, Analyse, Risikoeinschätzung) kann Personal mit entsprechender Technologie entlastet und besser an anderer Stelle eingesetzt werden.
Das käme Unternehmen und ihren Kunden gleichermaßen zugute, denn insbesondere der Prüfungsprozess bei der Eröffnung von Geschäftskonten – unabhängig ob von internationalen oder inländischen Unternehmen – nimmt nach Aussage der Befragten im Schnitt noch immer bis zu 24 Stunden in Anspruch. Dass es in Einzelfällen sogar deutlich mehr sein kann, zeigen bereits frühere Studien von Lexis Nexis Risk Solutions. Interessant: Finanzdienstleister, die für die Bereiche „Compliance“ und „Sanktionsüberwachung“ gemischte Teams verwenden, brauchen mit durchschnittlich 30 Stunden für eine Prüfung im Rahmen der Kontoeröffnung eines deutschen Großunternehmens deutlich länger als Anbieter mit spezialisierten Teams (20 Stunden). Offenbar führt hier eine schlankere Organisation tendenziell zu einem Verlust an Effizienz.
„Personalkosten machen den wesentlichen Teil der Anti-Geldwäsche-Compliance-Kosten bei Finanzinstituten in Deutschland aus“, fasst Seyfi Günay, Direktor für Finanzkriminalität und Compliance bei LexisNexis Risk Solutions, die Studienergebnisse zusammen. „Wenn es stimmt, dass die Risikomanagement-Technologie nicht ausgiebig genutzt wird, dann trägt dies zu höheren Kosten bei. Ausschlaggebend sind dabei Prozesse, in denen Aufgaben manuell durchgeführt und Entscheidungen nicht automatisiert getroffen werden und damit mehr Arbeitsstunden erforderlich sind.“