Angesichts ausgeprägter Wertschwankungen, größerer Risiken und nach wie vor niedriger Renditen, verstärken institutionelle Investoren zugunsten höherer Erträge derzeit ihre Investments in vergleichsweise riskanten Anlageformen. Zu diesem Ergebnis gelangt eine internationale Umfrage unter institutionellen Investoren von Natixis Global Asset Management.
Natixis hat 500 Manager staatlicher und betrieblicher Altersvorsorgeprogramme, Stiftungen, Versicherungen und Staatsfonds in Nordamerika, Lateinamerika, Großbritannien, Kontinentaleuropa, Asien und dem Nahen Osten befragt, die insgesamt ein Anlagevermögen von 15,5 Billionen US-Dollar verwalten. Aus den Ergebnissen dieser Umfrage geht hervor, wie institutionelle Investoren, die im Wesentlichen als die weltweit größten und erfahrensten Anleger eingestuft werden, den Faktor Risiko zu ihrem eigenen Vorteil nutzen. Außerdem sind 75 Prozent der institutionellen Investoren der Meinung, dass Privatanleger zugunsten einer höheren Rendite womöglich zu große Risiken eingehen.
62 Prozent der institutionellen Manager haben den Eindruck, trotz der ausgeprägteren Wertschwankungen am Markt, die ihrer Meinung nach die größte Gefahr für ihre Performance darstellen, mit dem kurzfristigen Marktrisiko fertigwerden zu können. Den meisten Anlass zur Sorge geben ihrer Einschätzung nach jedoch die niedrigen Renditen. Wegen der Aussichten auf eine höhere Volatilität sowie aufgrund der hartnäckig niedrigen Zinsen verlassen sich nur wenige Institutionen auf traditionelle Portfoliostrategien, um ihre Wertentwicklungsziele zu erreichen. Stattdessen erhöhen sie ihre Investments in Aktien- und Alternativanlagen, sowie bei illiquiden und privatwirtschaftlichen Anlagen, um risikobereinigte Renditen erzielen zu können.
„Obwohl sich die Risikofaktoren im Laufe der Zeit verändern, bleibt die Herausforderung für institutionelle Investoren, langfristig positive Ergebnisse zu erzielen, während man kurzfristige Turbulenzen am Markt umschifft“, so Jörg Knaf, Executive Managing Director DACH-Länder bei Natixis Global AM. „Aufgrund ihrer Mandate ist die Vermeidung von Risiken aber keine Option für institutionelle Investoren. So müssen sie einen Weg finden, mit diesen großen Herausforderungen fertigzuwerden, oder aber sich komplett neu aufstellen, indem sie Risiken ausgleichen und Alternativen zum traditionellen 60/40 Portfolio-Aufbau einbeziehen, und das immer mit Blick auf ihre langfristigen Ziele.“
Fokus auf das Wachstum: reale Anlagen und alternative Investments spielen größere Rolle
Was ihre jeweiligen Ziele betrifft, so halten zwar 70 Prozent der Investoren ihre Ertragserwartungen für durchaus realistisch, aber so groß, wie es auf den ersten Blick scheint, ist die Zuversicht vielleicht doch nicht. So rechnet die Hälfte (50 Prizent) der Institutionen damit, dass die Ertragserwartungen in den nächsten zwölf Monaten sinken werden. Ein Grund dafür ist die Schwierigkeit, überhaupt noch Ertragsquellen zu identifizieren. So geben 75 Prozent der Befragten an, dass sich immer schwerer ein Alpha generieren lässt, weil die Märkte zusehends effizienter werden.
Obwohl die meisten zuversichtlich sind, ihre langfristigen Verbindlichkeiten bedienen zu können, gehen 62 Prozent davon aus, dass dies den meisten ihrer Mitbewerber nicht gelingen wird. Derweil vertreten 69 Prozent die Auffassung, dass traditionelle Methoden zur Diversifikation und zur Portfoliostrukturierung neuen Ansätzen weichen müssen.
Weitere Ergebnisse der Umfrage:
– 76 Prozent der institutionellen Investoren sind der Meinung, dass Private Equity-Investments höhere risikobereinigte Erträge bieten als traditionellen Anlageklassen. Gleichzeitig vertritt über die Hälfte der Befragten (55 Prozent) die Auffassung, dass Private Equity auch eine bessere Diversifikation ermöglicht als traditionelle Aktien.
– Nach Einschätzung von 73 Prozent der Befragten bieten Private Debt-Engagements höhere risikobereinigte Erträge als traditionelle Anleiheninvestments. Für am vielversprechendsten hält man dabei die Segmente Infrastruktur, Gesundheitswesen sowie Technologie, Medien und Telekommunikation. Ausserdem geben viele Befragte an, auch den Einsatz von direkten Darlehen (44 Prozent) und besicherten Anleihen (34 Prozent) in Betracht zu ziehen.
– Etwa ein Drittel (34 Prozent) der Institutionen äußert ferner, dass man beabsichtigt, die Allokationen in realen Vermögenswerten wie Immobilien, Infrastruktur und Flugzeugfinanzierungen in den nächsten zwölf Monaten zu erhöhen. Ebenso wie bei ihrer allgemeinen Einschätzung der privaten Märkte besteht für 63 Prozent der institutionellen Manager auch bei Engagements in realen Vermögenswerten das vorrangige Ziel darin, höhere Erträge zu erwirtschaften.
– Über die Hälfte (56 Prozent) der Institutionen gibt an, in diesem Jahr auch verstärkt auf alternative Investmentstrategien zu setzen. Die Nutzung alternativer Investments beschränkt sich dabei aber nicht nur auf Wachstumsportfolios. Schließlich erklären 77 Prozent der Befragten, dass alternative Investments mittlerweile auch bei Liability Driven-Investments eine Rolle spielen.
„Im lang anhaltenden Kampf gegen die historisch niedrigen Zinsen gehen institutionelle Investoren bereits immer höhere Risiken ein, um auf Kurs zu bleiben“, sagte Robert Hussey, Executive Vice President der Institutional Services Group. „Neben ihrer erhöhten Risikobereitschaft, verfügen sie heutzutage außerdem über ein breites Spektrum an Instrumenten und Strategien zur Anlageverwaltung.“
Gleichgewicht zwischen Wachstum, Risiko, Liquidität und Verbindlichkeiten
Nur wenige Institutionen setzen bei der Steuerung des Portfoliorisikos ausschließlich auf höhere Anleihengewichtungen. Obwohl etwas mehr als die Hälfte der Befragten (54 Prozent) die Auffassung vertritt, dass eine Diversifikation mittels traditioneller Anlageklassen einen adäquaten Schutz vor Rückschlagsrisiken bieten kann, sind nur drei Prozent wirklich fest davon überzeugt, dass diese Strategie im kommenden Jahr ausreichen wird. Vielmehr sind die Investoren der Meinung, dass Risikobudgetierung (87 Prozent), Diversifikation über verschiedene Sektoren (86 Prozent), Währungsabsicherungen (75 Prozent) und der verstärkte Einsatz alternativer Investments (76 Prozent) effektivere Methoden zur Steuerung des Portfoliorisikos darstellen.
Obwohl institutionelle Investoren der Meinung sind, dass alternative Investments zur Risikostreuung und -steuerung auf Portfolioebene beitragen, gibt über die Hälfte (55 Prozent) an, sich wegen des Liquiditätsbedarfs nur in begrenztem Maße in alternativen Investments engagieren zu können. So vertreten die Entscheidungsträger bei vielen Institutionen (71 Prozent) die Auffassung, dass die strengeren Solvenz- und Liquiditätsvorgaben, die von den Aufsichtsbehörden weltweit zuletzt eingeführt worden sind, dazu geführt haben, dass man sich inzwischen stärker auf eher kurzfristige Anlagehorizonte und liquidere Anlageformen konzentriert.
Vor diesem Hintergrund stellt die Bedienung von Verbindlichkeiten, die sich über mehrere Jahrzehnte erstrecken, jedoch eine beträchtliche Herausforderung dar. So erklären die Befragten, dass ihnen die Abwägung langfristiger Wachstumsziele gegenüber dem langfristigen Liquiditätsbedarf im Hinblick auf das Risikomanagement den größten Anlass zur Sorge gibt.
Auch die sogenannten ESG-Faktoren (ökologische, soziale und Corporate Governance-Kriterien) spielen bei den Engagements der Investmentteams eine immer größere Rolle und dienen als Kennzahl für die Identifizierung von Unternehmen und Investmenttrends, die das Wachstumspotenzial des Portfolios auf lange Sicht steigern könnten. Fast 60 Prozent der institutionellen Investoren erklären, dass die Berücksichtigung der ESG-Faktoren eine Möglichkeit darstellt, Alpha zu generieren. Ebenso viele Institutionen halten diese Vorgehensweise für eine Option, um allgemeine Risikofaktoren, wie etwa Gerichtsprozesse, Umweltschäden oder soziale Konflikte einzudämmen. Parallel dazu gehen 62 Prozent der Befragten davon aus, dass alle Manager im Laufe der nächsten fünf Jahre die ESG-Faktoren standardmäßig berücksichtigen werden.
Verbindlichkeiten-Management und verstärktes Outsourcing
Institutionelle Investoren stehen vor neuen Herausforderungen, weil sie sich über die traditionellen Märkte hinaus engagieren und für ihre Portfolios eine breitere Palette von Investments mit geringerer Liquidität und längeren Anlagehorizonten berücksichtigen. Über 46 Prozent der Befragten geben an, dass eine der größten Herausforderungen schlicht und einfach darin besteht, einen wirklich fundierten Überblick über die unterschiedlichen Risikoengagements auf Portfolioebene zu erhalten.
Das Erreichen von Risiko-/Ertragszielen verlangt von den Entscheidungsträgern ferner, auch außerhalb ihres eigenen Teams nach Spezial-Expertise Ausschau zu halten. So lagern immer mehr Institutionen die Verwaltung ihrer Portfolios zumindest teilweise aus. Etwa 40 Prozent der institutionellen Investoren greifen derzeit außerdem auf externe CIOs und/oder Treuhänder zurück. Insgesamt haben jene Organisationen, die externe Dienstleistungen nutzen, das Management von 37 Prozent ihres gesamten Anlagevermögens ausgelagert.
Bei den institutionellen Managern hat das Verbindlichkeiten-Management oberste Priorität. 70 Prozent der befragten Institutionen setzen schon jetzt Strategien zum Abgleich von Vermögenswerten und Verbindlichkeiten um, die dazu beitragen sollen, den Verkauf von Vermögenswerten einerseits sowie die Einkommensströme mit den zukünftigen Ausgaben andererseits in Einklang zu bringen, um auf diese Weise das Liquidationsrisiko zu steuern.
Viele dieser Strategien basieren zwar nach wie vor auf festverzinslichen Wertpapieren hoher Qualität, mittlerweile nutzen die institutionellen Investoren bei Liability Driven-Investments (LDI) aber eine breitere Palette von Anlageinstrumenten. Dazu zählen Absicherungsstrategien (die von 47 Prozent genutzt werden), inflationsgebundene Anleihen (44 Prozent) und nominale Anleihen (37 Prozent).
Allerdings halten die Institutionen auch noch nach weiteren Optionen Ausschau. So geben etwa drei Viertel der institutionellen Investoren (77 Prozent) an, dass alternative Investments beim Management von LDI-Portfolios eine wichtige Rolle spielen, da diese nicht nur zur Diversifikation und zur Risikobegrenzung beitragen, sondern auch das Portfolio insgesamt optimieren.
Eine beträchtliche Zahl der Befragten (62 Prozent) ist der Meinung, dass es den meisten Organisationen trotz des Einsatzes von LDI-Strategien nicht gelingen dürfte, ihre langfristigen Ziele zu erreichen. Drei von fünf Organisationen (60 Prozent) beklagen zudem einen Mangel an Innovationen im Bereich LDI-Lösungen, obwohl nicht so viele (41 Prozent) bereit sind, für innovative LDI-Lösungen ein Aufgeld zu bezahlen.