Im Digital Banking gaben bisher Startups aus der Finanztechnologie den Ton an. Doch der Hype um die Newcomer lässt allmählich nach. Die Banken betrachten die Konkurrenz mittlerweile realistischer und mit mehr Gelassenheit. Zu diesem Schluss kommt das TME Institut für Vertrieb und Transformationsmanagement nach der Euro Finance Tech. Das Branchentreffen zwischen Fintechs und Finanzdienstleister fand dieses Jahr erstmals im Rahmen der 18. Euro Finance Week statt.
In zwei bis drei Jahren werden mehr als 50 Prozent aller Bankgeschäfte per Smartphone abgewickelt. Darüber waren sich alle Beteiligten auf der Euro Finance Tech einig. Diskutiert wurde dagegen, wie der digitale Wandel umzusetzen ist. „Eine der größten Herausforderungen besteht darin, geeignetes Personal zu finden“, sagt Stephan Paxmann, 1. Vorsitzender des TME Institut. Gesucht sind erfahrene Digital Experts, die sich im Digital Business aus Kundensicht genauso gut auskennen wie im Finanzgeschäft. „Davon gibt es nicht viele“, weiß Paxmann aus Erfahrung. „Das könnte ein War of Talents zwischen FinTechs und Finanzwelt nach sich ziehen.“
Um trotz des Mangels an Fachleuten das eigene Geschäftsmodell zukunftsfähig zu machen, gehen Banken verschiedene Wege. Einige Kreditinstitute setzen im Digital Banking zum Beispiel auf White Label, sprich branchenfremde Lösungen, die unter der eigenen Marke angeboten werden. „Weitaus mehr Geldhäuser wollen aber das Steuer selbst in die Hand nehmen“, sagt Stefan Roßbach vom TME Institut. Viele Finanzdienstleister wollen etwa die Produktentwicklung wieder inhouse sehen, weil sie eine ganzheitliche Digital Banking-Strategie verfolgen. „Dazu gehört auch, die Prozesse und Programmierung End-to-End zu bestimmen und nicht der Konkurrenz zu überlassen“, so der Digital Banking-Experte.
Frenemies im Gespräch
Unter dem Titel „Frenemies“ (Friends & Enemies) diskutierten die Vertreter gemeinsam, wie sie im Digital Banking künftig voneinander profitieren können. „FinTechs werfen ihr digitales Know-how in die Waagschale, Banken ihre regulatorische Erfahrung und ihre breite Kundenbasis. Doch in der Praxis prallen Kulturen aufeinander“, sagt Roßbach. Auf der einen Seite stehe die ‚Zero Tolerance-Kultur‘ der Finanzdienstleister, die nur digitale Lösungen an den Kunden weitergeben wollen, die zu 100 Prozent geprüft sind und den regulatorischen Auflagen entsprechen. Auf der anderen Seite befinden sich die technisch versierten Startups, die sehr stark auf das Kundenerlebnis setzen und für einen schnellen Go-to-Market Ansatz auch mit Beta-Lösungen an den Markt gehen. „Beides hat seine Berechtigung“, betont der Fachmann. „Aber für eine erfolgreiche Kooperation ist Aufklärungs- und Vermittlungsarbeit gefragt.“
Kooperationen mit Mehrwert
Auf der Euro Finance Tech wurde deutlich, dass die Banken unter Hochdruck an der digitalen Transformation arbeiten. Viele sind aber nicht länger bereit, jeden Preis für Fintech-Lösungen zahlen. „Mittlerweile investieren die Geldhäuser gezielter in digitale Geschäftsmodelle, die auch langfristig ins Portfolio passen und sich rechnen“, sagt Paxmann. „Sie schauen vermehrt darauf, welche Modelle und Kooperationen einen echten Mehrwert für ihr Unternehmen und ihre Kunden stiften. Hype-Bewertungen der letzten Jahre werden schrittweise normalisiert.“ Sichtbar wird diese Trendwende zum Beispiel am Börsengang von Square. In den vergangenen zwölf Monaten ist die Bewertung des Mobile Payment-Anbieters um rund ein Drittel von sechs auf vier Milliarden US-Dollar reduziert worden, obwohl Square nach wie vor ein gutgehendes Business vorweist.
Quelle: TME Institut für Vertrieb und Transformationsmanagement e. V.