Unethisches Verhalten von Mitarbeitern aus Finanzinstituten lassen sich meist auf Fehlanreize in den unternehmensinternen Strukturen zurückführen, so Gerhard Minnameier, Professor für Wirtschaftsethik und Wirtschaftspädagogik an der Goethe-Universität Frankfurt, in einem Interview im jüngsten Newsletter des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaften.
„Wenn man sich die prominenten Fälle von Betrug anschaut, dann wurde zwar formal gegen unternehmensinterne Regeln verstoßen, aber informell hat es quasi jeder so gemacht“, so Professor Gerhard Minnameier. Insofern sei es für den Einzelnen auf der informellen Ebene gar nicht klar, welche Regeln tatsächlich gelten. Da Mitarbeiter stets nach Anerkennung strebten, hänge ihr Verhalten letztlich davon ab, wofür Unternehmen Anerkennung zollen: für den erkämpften Platz in einer kompetitiven Rangordnung oder aber für Beiträge zum Unternehmenserfolg.
Um das Verhalten von Mitarbeitern zu ändern, müssten Unternehmen eine Kultur schaffen, die auf gemeinschaftlichem Handeln zum Wohle des Unternehmens basiere, so Minnameier. Neben der Auswahl geeigneter Mitarbeiter gehe es dabei insbesondere darum, Strukturen zu schaffen, die das Teamgefühl fördern und die dafür sorgen, dass Einzelne nicht die Kooperativität ihrer Kollegen ausnutzen. „Diese Problematik kennen wir aus Spielen mit öffentlichen Gütern oder auch aus dem Gefangenendilemma: Wenn sich die einen kooperativ verhalten und es keine Sicherungsmechanismen zu deren Schutz gibt, kann es für andere vorteilhaft sein, nicht zu kooperieren“, so Minnameier. Ein Arbeitgeber, der ein gemeinschaftliches Klima schaffen möchte, müsse also sicherstellen, dass „Schwarze Schafe“ gegebenenfalls auffallen beziehungsweise keine Anreize haben, die Moral der anderen zu korrumpieren.
Das Aufstellen eines Ethikkodex, der sich nicht in den faktischen, gelebten Bewertungskriterien für individuelles Handeln widerspiegelt, sei laut Minnameier dagegen weniger zielführend. Ein solcher Kodex könne allenfalls die Funktion haben, die Mitarbeiter an moralische Prinzipien zu erinnern. Diese Wirkung halte aber in der Regel nicht lange an und lasse sich auch nicht beliebig oft wiederholen.
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Quelle: Goethe-Universität Frankfurt