Kai Spickerhoff
Im Vergleich zu Teilamortisationsverträgen sind Vollamortisationsverträge über Kraftfahrzeuge für Leasingnehmer wirtschaftlich meist nachteilig. Im Finanzierungsleasing sind grundsätzlich sowohl Teilamortisationsverträge (TA-Verträge) als auch Vollamortisationsverträge (VA-Verträge) möglich. Beide unterscheiden sich erheblich voneinander. Vollamortisationsverträge über Kfz können für Kunden mit finanziellen Nachteilen verbunden sein. Wenn die BaFin auf solche Verträge stößt, wird sie prüfen, ob die Kunden korrekt behandelt worden sind. Liegt ein Missstand vor, schreitet die Aufsicht ein. Auf einen Blick: Finanzierungsleasing: Teilamortisations- und Vollamortisationsleasingverträge.
Die BaFin beaufsichtigt auch Finanzdienstleistungsinstitute, die das Finanzierungsleasing im Sinne von § 1 Absatz 1a Satz 2 Nr. 10 Kreditwesengesetz (KWG) erbringen. Beim Leasing beweglicher Sachen – also auch von Autos – sind zwei Arten von Leasingverträgen möglich:
Bei Teilamortisationsverträgen (TA-Verträge), geregelt im Teilamortisations-Erlass des Bundesministeriums der Finanzen vom 22. Dezember 1975, decken die vom Leasingnehmer zu zahlenden Leasingraten nur einen Teil der Anschaffungskosten des Leasingobjekts sowie der Nebenkosten. Verschiedene Vertragsvarianten sind möglich.
Bei Vollamortisationsverträgen (VA-Verträge), geregelt im Mobilien-Leasing-Erlass des Bundesministeriums der Finanzen vom 19. April 1971 (VA-Erlass), decken allein die vom Leasingnehmer während der Vertragslaufzeit zu zahlenden Leasingraten mindestens die gesamten Anschaffungskosten des Kfz sowie sämtliche Nebenkosten. Um den Vorgaben des VA-Erlasses zu entsprechen – mit der Folge, dass das Leasingobjekt wirtschaftlich dem Leasinggeber zuzurechnen ist und bei diesem bilanziert werden kann –, darf der VA-Vertrag u.a. bei Vertragsende keinen Erwerb des Leasingobjekts durch den Leasingnehmer zu einem geringeren Kaufpreis als zum Buchwert oder ggf. dem niedrigeren Verkehrswert vorsehen. Üblicherweise sehen die VA-Verträge vor, dass der Leasingnehmer das Leasingobjekt bei Vertragsende an den Leasinggeber zurückgeben muss.
VA-Verträge über Kfz meist wirtschaftlich nicht sinnvoll
Während VA-Verträge bei bestimmten – schnell an Wert verlierenden – Leasingobjekten wie etwa Software, Druckern und Kopierern durchaus üblich sind, schließen Leasingnehmer solche Verträge über Kfz nur vergleichsweise selten ab. Dies ist darauf zurückzuführen, dass – wie oben angedeutet – der Abschluss von VA-Verträgen ohne Kaufoption über Kfz für den Leasingnehmer in der Regel wirtschaftlich nicht sinnvoll ist. Der Grund: Nachdem er die vollen Anschaffungskosten sowie sämtliche Nebenkosten des Leasinggebers durch seine Leasingzahlungen amortisiert hat, muss er das Kfz bei Vertragsende an den Leasinggeber zurückgeben.
Ein Beispiel: Ein Kunde schließt als Leasingnehmer mit dem Leasinggeber (Leasing-Unternehmen) einen VA-Vertrag über ein neues Kfz ab, dessen Anschaffungskosten bei 50.000 Euro liegen. Über die vierjährige Laufzeit des Leasingvertrags zahlt der Leasingnehmer insgesamt ca. 58.000 Euro an Leasingraten bzw. Sonderzahlungen. Bei Vertragsende muss er das Kfz an den Leasinggeber zurückgeben. Das Kfz hat zu diesem Zeitpunkt noch einen Wert von 25.000 Euro.
Im Ergebnis hat der Leasingnehmer für die vierjährige Nutzung des Kfz somit mehr als den Neupreis des Kfz gezahlt, muss das Kfz aber an den Leasinggeber zurückgeben. Der Leasinggeber dagegen hat nicht nur über die Zahlungen des Leasingnehmers die volle Amortisation des Kaufpreises und sämtlicher Nebenkosten erlangt sowie seine Gewinnmarge realisiert. Darüber hinaus erhält er auch noch das Kfz im Wert von 25.000 Euro zurück, wodurch er einen zusätzlichen Nachgeschäftserlös von ca. 25.000 Euro erzielen kann.
Bei Abschluss eines marktüblichen TA-Vertrags im Kfz-Bereich (zum Beispiel eines Restwertvertrags oder eines Kilometervertrags) hätte der Leasingnehmer dagegen durch seine Leasingzahlungen nur einen Teil der Anschaffungs- und Nebenkosten amortisiert. Zu einer vollen Amortisation allein durch Zahlungen des Leasingnehmers käme es hier nur dann, wenn der Leasingnehmer bei Vertragsende das Kfz – durch Zahlung eines Kaufpreises – erwürbe.
Im genannten Beispiel ist der Abschluss eines VA-Vertrags ohne Kaufoption für den Leasingnehmer gegenüber dem Abschluss eines marktüblichen TA-Vertrags wirtschaftlich deutlich nachteilig. Auch ein kreditfinanzierter Kauf des Kfz wäre für den Leasingnehmer aufgrund des Eigentumserwerbs wirtschaftlich sinnvoller als ein solcher VA-Vertrag. Nicht nachteilig gegenüber einem marktüblichen TA-Vertrag oder auch einem kreditfinanzierten Eigenerwerb wäre der Abschluss eines derartigen VA-Vertrags nur dann, wenn das Kfz bei Vertragsende keinen nennenswerten Wert mehr hätte. Dies ist insbesondere bei neuen Kfz und einer nach dem VA-Erlass zulässigen Vertragslaufzeit aber in der Regel nicht zu erwarten.
Warum schließen Leasingnehmer solche Verträge ab?
Trotz dieser erkennbaren wirtschaftlichen Nachteile derartiger VA-Verträge für den Leasingnehmer war in der Vergangenheit zu beobachten, dass vereinzelte Leasinggesellschaften als Leasinggeber überwiegend VA-Verträge über Kfz mit ihren Kunden abschlossen.
Es ist anzunehmen, dass viele Leasingnehmer solche VA-Verträge abschlossen, weil sie die Inhalte des Vertrags nicht korrekt verstanden haben bzw. vom Leasinggeber nicht korrekt über die Vertragsinhalte informiert oder sogar vorsätzlich getäuscht wurden, zum Beispiel durch irreführende Werbeaussagen oder mündliche Erläuterungen. Möglich ist auch, dass Leasingnehmer gutgläubig auf mündliche Zusagen oder Nebenabreden vertrauten, die ihnen – abweichend vom Wortlaut des Vertrags – einen kostengünstigen Erwerb des Kfz ermöglichen sollten.
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass eine mündliche Zusage oder Nebenabrede für den Leasingnehmer erfahrungsgemäß schwer zu beweisen ist, wenn sich der Leasinggeber später daran nicht erinnern kann oder will.
Möglichkeiten der BaFin – und ihre Grenzen
In Fällen, in denen die BaFin Erkenntnisse darüber erlangt, dass ein von ihr beaufsichtigtes Finanzierungsleasinginstitut seine Leasingnehmer nicht korrekt über die Inhalte von VA-Verträgen aufklärt oder die Leasingnehmer diesbezüglich gar vorsätzlich täuscht, ergreift sie aufsichtsrechtliche Maßnahmen, um ein solches Geschäftsmodell zu unterbinden. Diese aufsichtsrechtlichen Maßnahmen können bis hin zur Aufhebung der Erlaubnis zum Erbringen des Finanzierungsleasings und Anordnung der Abwicklung des Instituts gehen. Allerdings ist hinsichtlich der bereits abgeschlossenen Verträge darauf hinzuweisen, dass die Zuständigkeit für die Entscheidung über zivilrechtliche Ansprüche (Herausgabe des Kfz, Schadenersatz etc.) allein bei den Zivilgerichten liegt.
Kunden, aufgepasst!
Kunden, denen man einen Kfz-Vollamortisationsvertrag anbietet, sollten die schriftlich fixierten Vertragsinhalte und deren wirtschaftliche Folgen sehr genau prüfen oder prüfen lassen, bevor sie unterschreiben. Sie sollten sich zudem nicht auf mündliche Zusagen oder Nebenabreden verlassen, sondern Ergänzungen des Leasingvertrags nur in schriftlicher Form vereinbaren.
Der Autor Dr. Kai Spickerhoff ist BaFin-Referat Leasing.