ich heiße Sie herzlich willkommen und bin hocherfreut, dass Sie erneut im Berlaymont zu Gast sind. Ihr Besuch in Europa zeigt deutlich, dass die Europäische Union und die Vereinigten Staaten bei ihrer Reaktion auf Putins rücksichtslose Invasion der Ukraine sehr eng zusammenarbeiten. Durch diese gegenseitige Abstimmung konnten wir gemeinsam in Rekordzeit Sanktionen planen, entwickeln und verhängen, die unter Beweis stellen, wie entschlossen wir sind, Putin einen hohen Preis für diesen Krieg zahlen zu lassen. Wir ergreifen diese Maßnahmen nicht leichtfertig, aber es ist klar, dass wir handeln müssen.
Aufgrund dieser Maßnahmen kann die Zentralbank einen erheblichen Teil ihrer Reserven nicht einsetzen, um den Rubel zu stützen, dessen Kurs sich jetzt im freien Fall befindet. Die Zentralbank musste die Zinssätze auf 20 % anheben, was die Inflation befeuert. Bedeutende Geschäftsbanken sind von den globalen Märkten und von SWIFT abgeschnitten, sodass ihre Fähigkeit zur Finanzierung der Wirtschaft eingeschränkt ist. Die Börse in Moskau bleibt seit Beginn dieser Woche geschlossen. Reihenweise kündigen westliche Unternehmen eigene Maßnahmen an und stellen Produktion, Investitionen und Verkäufe ein. Die Zusammenarbeit zwischen der EU und den USA steht im Zentrum dieser wirkungsvollen Reaktion und hat dazu geführt, dass sich eine wachsende Zahl von Ländern mit identischen oder ähnlichen Sanktionen anschließen. Unsere G7-Partner – das Vereinigte Königreich, Kanada und Japan – aber auch Länder wie Norwegen, die Schweiz, Südkorea und Australien. Bisher haben mehr als 40 Länder unsere Sanktionen teilweise oder vollständig übernommen.
Dies zeugt davon, mit welcher Entschlossenheit die Weltgemeinschaft diese Invasion ablehnt. Man muss nur das Ergebnis der Generalversammlung der Vereinten Nationen in dieser Woche betrachten. 141 Länder, eine überwältigende Mehrheit, unterstützten die Resolution, mit der Russland wegen seiner brutalen Invasion verurteilt wurde. Nur vier von 193 Ländern hielten zu Russland. Das waren Belarus, Nordkorea, Syrien und Eritrea. Präsident Putin ist in der internationalen Gemeinschaft zunehmend isoliert. Doch Putins Armee ignoriert die Proteste aus der ganzen Welt und rückt weiter vor. Bombardierungen und Raketenangriffe auf zivile Ziele nehmen zu.
Ich versichere Ihnen: Die Europäische Union und die Vereinigten Staaten werden weiterhin an der Seite der Ukraine und ihrer mutigen Bevölkerung, ihrer standhaften Führung, stehen. Das Ausmaß der humanitären Katastrophe, die sich dort, in der Ukraine, abspielt, bereitet uns große Sorgen. Europa erlebt gerade eine derart schlimme Zerstörung und Vertreibung wie zuletzt in den dunkelsten Tagen des letzten Jahrhunderts. Die Europäische Union als Nachbarin der Ukraine hilft nach Kräften. Wir leisten humanitäre Hilfe: 500 Mio. EUR stehen sofort bereit, weitere Mittel werden folgen. Wir arbeiten mit Hochdruck am Aufbau von Zentren für Zivilschutz in Polen, der Slowakei und Rumänien. Wir tun außerdem alles in unserer Macht Stehende, um gemeinsam mit internationalen Organisationen und Nichtregierungsorganisationen humanitäre Korridore innerhalb der Ukraine einzurichten. Dringend benötigte humanitäre Hilfe muss in allen Teilen der Ukraine ankommen können. Zivilisten müssen aus belagerten Städten fliehen dürfen.
Und schließlich hat die Europäische Union erstmals die Richtlinie über die Gewährung vorübergehenden Schutzes aktiviert. Was ist darin vorgesehen? Sie eröffnet den meisten Flüchtlingen ein Aufenthaltsrecht, sodass sie mindestens ein Jahr lang in der Europäischen Union leben und arbeiten können und Zugang zur Gesundheitsversorgung oder beispielsweise Schulen erhalten. Wir wissen, dass dieser Konflikt noch lange nicht vorbei ist. Und um es deutlich zu sagen, wir sind bereit, weitere drastische Maßnahmen zu ergreifen, wenn Putin diesen Krieg, den er ausgelöst hat, nicht stoppt und umkehrt. Wir sind entschlossen, wir sind einig.