Hyun Song Shin
Programmierbares Zentralbankgeld könnte tokenisierte Bankeinlagen und Vermögenswerte auf einer gemeinsamen Plattform verbinden, um Transaktionen und Kontrakte in Echtzeit zu ermöglichen. Diese fundamental neuartige Finanzinfrastruktur würde neue Arten ökonomischer Transaktionen ermöglichen, welche das Geld- und Finanzsystem revolutionieren könnten. Der Nutzen bestünde nicht nur in schnelleren und günstigeren Transaktionen, sondern in der Möglichkeit, völlig neuartige Transaktionen zu entwickeln, denen allein durch den Erfindergeist von öffentlichen und privaten Innovatoren Grenzen gesetzt wären. Einem neuen Bericht der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) zufolge hat ein neuer Typ von Finanzinfrastruktur das Potenzial, das globale Finanzsystem grundlegend zu verbessern. Er würde tokenisiertes Geld und tokenisierte Vermögenswerte auf einer programmierbaren Plattform zusammenbringen, und dadurch gänzlich neue ökonomische Transaktionen ermöglichen, welche die Fähigkeiten von Geld- und Finanzinfrastrukturen weiter ausbauen.
Das Sonderkapitel im Jahreswirtschaftsbericht 2023 legt eine Blaupause für die Zukunft dar, in der die bestehenden Pfeiler des heutigen Geld- und Währungssystems neu gedacht werden. Ein vereinheitlichter Ledger würde tokenisierte Formen von digitalem Zentralbankgeld (CBDC) mit tokenisierten Bankeinlagen und anderen tokenisierten Forderungen kombinieren und somit ein neues Zeitalter in der gemeinsamen Entwicklung von Geldsystem und Realwirtschaft einläuten.
Wir befinden uns an der Schwelle zu einem weiteren Quantensprung innerhalb des Währungs- und Finanzsystems, der weitreichende Auswirkungen für das Wirtschaftsgefüge und die Gesellschaft insgesamt haben wird. Das Geld von Zentralbanken und Geschäftsbanken sowie verschiedene Vermögenswerte auf ein- und derselben Plattform zusammenzubringen, alle tokenisiert und miteinander in Interaktion, eröffnet völlig neue Möglichkeiten. Dies würde die Art, wie wir über Geld denken und wie Transaktionen erfolgen, revolutionieren.
Das Kapitel beleuchtet, wie das zukünftige Geld- und Finanzsystem das bisherige verbessern und das neue ermöglichen könnte. Beispiele für innovative Anwendungsmöglichkeiten beinhalten:
* neue Methoden der Wertpapierabwicklung, bei denen alle einzelnen Schritte in einer einzigen nahtlosen Transaktion erfolgen;
*tokenisierte Einlagen mit eingebauten regulatorischen Vorgaben, die simultan in Wholesale CBDC abgewickelt werden;
*Kreditvergabe durch Smart Contracts zur Senkung der Außenhandelsfinanzierungskosten für kleinere Unternehmen und damit zur Verbesserung der globalen Lieferketten;
*eine verbesserte Nutzung von Daten über mögliche Kreditnehmer, unter Verwendung von datenschutzkonformen Technologien, um auch benachteiligten Bevölkerungsgruppen Zugang zu Krediten zu erleichtern.
Den Möglichkeiten sind allein durch den Erfindergeist der öffentlichen und privaten Partner, die auf der Plattform innovativ tätig sind, Grenzen gesetzt. Der Mehrwert liegt nicht nur in schrittweisen Verbesserungen. Er entsteht auch durch die Lösung grundlegender Probleme wie Fehlanreize und mangelnde Transparenz, die profitablen Transaktionen bisher im Wege gestanden sind.
Zentralbanken arbeiten mit anderen öffentlichen Stellen sowie dem privatwirtschaftlichen Sektor gemeinsam daran, die Möglichkeiten, die das Währungssystem bietet, zu erweitern und grenzüberschreitende Integration zu verbessern. Die BIZ unterstützt diese Bemühungen durch Forschung und Experimente und erfüllt somit ihre Rolle als ein Forum für internationale Kooperation und Innovation unter Zentralbanken.
Dieses Kapitel wurde am 20. Juni veröffentlicht, vor dem vollständigen BIZ-Jahreswirtschaftsbericht und dem BIZ-Jahresbericht am 25. Juni.
Der Autor, Hyun Song Shin, ist Volkswirtschaftlicher Berater und Leiter der Wirtschaftsforschung bei der BIZ.