Banken und Sparkassen droht massiver Kundenverlust im Ertragssegment Gewerbekunden

31 Oktober 2014

Fast 60 Prozent der Gewerbetreibenden würden sich nicht unbedingt wieder für ihre derzeitige Bank oder Sparkasse entscheiden. 40 Prozent sind sich noch nicht einmal sicher, ob sie die nächsten zwei Jahre bei dieser bleiben. Zu diesem Ergebnis gelangt der aktuelle Trendmonitor Gewerbekunden für Banken und Sparkassen aus dem Hause MSR Consulting.

Die Überzeugung, dass es eine bessere Bank für ihr Unternehmen gibt, sei unter Finanzentscheidern weit verbreitet. Insgesamt hat MSR Consulting drei Hauptfaktoren für den drohenden Kundenverlust im Ertragssegment Gewerbekunden identifiziert:

Banken und Sparkassen sind austauschbar

Die Austauschbarkeit der Banken und Sparkassen zeige sich nicht nur in der Wechselwilligkeit der Kunden, sondern auch in deren Markenempfinden. Die Finanzinstitute schaffen es kaum sich voneinander zu differenzieren und sich so klar zu positionieren. Die wahrgenommenen Markenbilder liegen zu nah beieinander, als dass sie als Orientierung für den Kunden dienen könnten. Auch an der Empfehlungsbereitschaft der Kunden (NPS) ließe sich deutlich ablesen, dass die Bankhäuser mehr Kritiker als Empfehler haben. Die Erwartung an den Kundenservice der Banken und Sparkassen werde längst nicht mehr nur durch die Welt der Finanzdienstleister allein definiert, sondern über alle Kundenerfahrungen hinweg. Es zeigt sich, dass insbesondere Lieferanten, Autohersteller und E-Commerce Anbieter, wie zum Beispiel Amazon, als Maßstab gesehen werden. Der Kunde verweise vor allem auf die persönliche Aufmerksamkeit, die Betreuung und die Effizienz, die durch andere Dienstleister gewährleistet wird.

Da diese Beratungsqualitäten in weiten Teilen der Banken- und Sparkassenwelt Mangelware sind, sieht ein Großteil der Befragten aktuell kaum einen Vorteil von Filialbanken gegenüber Direktbanken. Fast jedes fünfte Unternehmen könne sich daher auch vorstellen, einen Teil der Bankgeschäfte künftig über Google Bank zu tätigen.

Banken und Sparkassen setzen den falschen Kundenfokus

„Die Banken ziehen den Regenschirm weg, wenn es regnet.“ Dieses Resümee eines Gewerbekunden ist leider nur die halbe Wahrheit. Es zeigt sich, dass Banken und Sparkassen nicht nur diejenigen Kunden nachlässig behandeln, die sich im wirtschaftlichen Abschwung befinden, sondern auch die prosperierenden Unternehmen. So lassen die Finanzhäuser nicht nur die im Regen stehen, die ihren Rückhalt am dringendsten benötigen, sondern auch diejenigen, die die Unterstützung durch Banken und Sparkassen bei der Geschäftsentwicklung geradezu suchen. Bei knapp der Hälfte der florierenden Unternehmen (44 Prozent) war der Bankberater noch nie vor Ort, um sich ein persönliches Bild zu machen. Dabei wird er gerade hier gegenüber anderen „Ratgebern“, wie etwa den Steuerberatern, als besonders kompetenter Ansprechpartner für die Entwicklung der Unternehmen gesehen.

Auch bei 42 Prozent der Unternehmen, deren Umsätze zurückgegangen sind, war der Bankberater noch nie vor Ort. Dass es auch anders geht, zeigt das Segment der umsatzstabilen Unternehmen. Bei drei von vier dieser Gewerbetreibenden hat sich der persönliche Berater schon einmal ein Bild persönlich vor Ort gemacht. Hier scheinen sich die Berater offensichtlich wohler zu fühlen als bei den dynamischen Unternehmen. Insbesondere die Sparkassen und die großen Aktiengesellschaften lassen den Kunden lieber zu sich kommen. „Viele Unternehmen vermissen ein ernsthaftes Interesse der Finanzinstitute an der Entwicklung ihrer Geschäfte und wünschen sich vor allem eine deutlich höhere Aufmerksamkeit in dynamischen Zeiten“, so Michael Kullmann, Partner bei MSR Consulting.

Banken und Sparkassen liefern keinen substantiellen Beitrag zum Unternehmenserfolg

In Anbetracht des empfundenen Desinteresses und der kaum stattfindenden Besuche vor Ort ist es nicht verwunderlich, dass die Finanzentscheider nicht das Gefühl haben, von ihrer Bank oder Sparkasse Unterstützung bei der Unternehmensentwicklung zu erhalten. Nur knapp jedem zehnten Geschäftskundenbetreuer (acht Prozent) werden tiefe Branchenkenntnisse bescheinigt. Ein Viertel der Finanzentscheider erfährt überhaupt keinen Wissensvorteil durch den für sie zuständigen Betreuer.

Ausweg: Kundenkenntnis

Die fachkompetente Betreuung gelte nicht mehr als Unterscheidungsmerkmal. Somit müssen die Berater qualifiziert werden, sich emotional, unterstützend und individuell auf den Kunden einzustellen. Banken und Sparkassen müssen sich einen Wissensvorsprung gegenüber ihren Kunden erarbeiten und in der Lage sein Unternehmen zu erkennen, die sich im wirtschaftlichen Umschwung befinden. „Die Gewerbekunden spüren die aktuelle Risikoaversion und die Zurückhaltung der Banken seit der Bankenkrise“, so Kullmann. „Sie fühlen sich nicht ausreichend unterstützt. Deshalb muss unabhängig von der Einschränkung durch strenge Regularien die Kundenbeziehung in den Fokus gerückt werden. Wer sich in der Branche seiner Kunden gut auskennt sowie die individuellen Unternehmensbedürfnisse erkennt und versteht, hat ausgezeichnete Profilierungschancen bei den Unternehmen.“ Der Weg dorthin ist für die Institutsgruppen unterschiedlich. Sparkassen, VR-Banken und die Aktiengesellschaften haben aus Sicht ihrer Gewerbekunden jeweils individuelle Stärken und Schwächen. In Anbetracht der sich gerade wieder eintrübenden Konjunkturaussichten gilt es umso mehr in die Kundenbindung dieses lukrativen Kundensegments zu investieren.

Quelle: MSR Consulting
Weitere Informationen unter www.msr.de

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