Banken in Deutschland stellen offenbar vergeblich Regeln auf, um sich vor Risiken zu schützen. 68 Prozent der Fach- und Führungskräfte informieren sich nur unregelmäßig über veränderte Abläufe im Unternehmen. 62 Prozent nutzen das Regelwerk nicht mal dann, wenn sie innerhalb des Instituts neue Aufgaben übernehmen. Das zeigt eine Studie von Procedera Consult
Vielen Managern ist nicht bewusst, dass sie durch dieses Verhalten ihren Arbeitgeber in eine schwierige Lage bringen können. Die US-amerikanische Großbank Wells Fargo hat jüngst eine Millionenstrafe akzeptiert, weil Bankangestellte Scheinkonten angelegt haben. Mehr als 5.000 Mitarbeiter hat das Geldhaus wegen des Skandals bereits entlassen. Doch der angerichtete Schaden wiegt weitaus schwerer. „Die Gesellschaft ist alarmiert“, sagt Ralf Heydebreck, Experte für bankfachliches Anweisungswesen bei Procedera Consult. „Regelbrüche im Bankgewerbe gefährden das Vertrauen in die Kreditinstitute und schüren Vorurteile.“
Der Gesetzgeber sieht sich in vielen Fällen gezwungen, aktiv zu werden. So fordert die europäische Bankenaufsicht künftig, dass Kreditinstitute eine Risikokultur entwickeln, um einem möglichen Fehlverhalten vorzubeugen (MaRisk). Doch das Schwert, um das Verhalten von Mitarbeitern zu steuern, erweist sich vielfach als stumpf. 40 Prozent der Banklmitarbeiter kümmern sich noch nicht mal um veränderte Abläufe, an denen sie selbst beteiligt sind. Jeder Zehnte nutzt die dokumentierten Anweisungen überhaupt nicht bei der täglichen Arbeit.
„Das beste Regelwerk nützt nichts, wenn Anwender die Vorschriften einfach umgehen können“, so Heydebreck. Der Experte sieht aber nicht nur die arbeitsrechtliche Verpflichtung von Mitarbeitern, sich angemessen zu verhalten. Auch ein Versehen oder ein technischer Defekt können für Fehler verantwortlich sein. Dafür brauchen die Institute wirksame Instrumente, um die internen Abläufe zu überwachen. „So viele Scheinkonten auf einmal hätten bei einem hochentwickelten Kontrollsystem auffallen müssen.“
Eine mögliche Erklärung für das Fehlverhalten: Viele Mitarbeiter fühlen sich durch das gesetzlich vorgeschriebene Organisationshandbuch nicht ausreichend unterstützt und nutzen es deshalb nicht. Mehr als ein Drittel der Befragten bemängeln etwa einen bestenfalls mittelmäßigen Bedienkomfort. Fast ebenso viele schlagen sich mit teils unverständlichen Formulierungen herum. Einen Spitzenwert erreichen die elektronischen Regelwerke nur bei der Verfügbarkeit. 44 Prozent bewerten diesen Aspekt als sehr gut. „Das Angebot ist da, aber die Mitarbeiter nutzen es noch nicht vollumfänglich“, fasst Heydebreck das aktuelle Dilemma zusammen. „Die Banken müssen mehr dafür tun, dass Regeln eingehalten und nicht als Hindernis für die eigene Arbeit wahrgenommen werden.“