Für alle Kreditinstitute gemäß § 1 Abs. 3d Satz 1 KWG in der Rechtsform einer eingetragenen Genossenschaft, die gemäß Art. 6 Abs. 4 Unterabsatz 1 und Abs. 6 der Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 des Rates vom 15.10.2013 nicht der direkten Aufsicht durch die Europäische Zentralbank unterliegen, gilt Folgendes:
1. Für die gemäß der jeweiligen Satzung nach dem 28.06.2013 neu begebenen und eingezahlten Geschäftsanteile wird die Erlaubnis zur Einstufung als Instrumente des harten Kernkapitals gemäß Art. 26 Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 erteilt, sofern die Geschäftsanteile die Voraussetzungen gemäß Art. 28 und 29, hier insbesondere Art. 29 Abs. 2 lit. a), der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 erfüllen.
2. Für die Rückzahlung von Geschäftsguthaben aufgrund von seit dem 01.01.2014 erfolgten Kündigungen von Geschäftsanteilen, die Instrumente des harten Kernkapitals sind, wird die Genehmigung erteilt, sofern die folgenden Voraussetzungen kumulativ vorliegen:
a) Der wie folgt zu errechnende Wert überschreitet nicht die Höhe von (plus) 0,5 %:
Von der Summe der Rückzahlungsbeträge aus allen noch nicht zurückgezahlten Kündigungen wird die Summe aller im Geschäftsjahr neu begebenen und eingezahlten Geschäftsanteile nach Ziffer 1 abgezogen. Das Ergebnis ist durch das harte Kernkapital zum Ende des Geschäftsjahres zuzüglich der Summe aller Rückzahlungsbeträge aus allen noch nicht zurückgezahlten Kündigungen zu dividieren. Der resultierende Wert ist durch Multiplikation mit dem Faktor 100 in eine Prozentzahl umzuwandeln.
b) Neben den Anforderungen nach Art. 92 Abs. 1 CRR und § 10i KWG zum Ende des Geschäftsjahres hält das Institut folgende zusätzliche Anforderungen auch nach der Rückzahlung kumulativ ein:
I. sofern das Institut einen SREP-Bescheid erhalten hat, den zum Zeitpunkt der Meldung bestehenden Kapitalzuschlag aus dem SREP nach § 10 Abs. 3 S. 1 und 2 Nr. 1 KWG, anderenfalls die zusätzlichen Anforderungen aus der Allgemeinverfügung zur Anordnung von Eigenmittelanforderungen für Zinsänderungsrisiken im Anlagebuch,
II. die möglicherweise darüber hinaus zum Zeitpunkt der Meldung bestehenden weiteren Kapitalzuschläge nach § 10 Abs. 3 oder 4 KWG,
III. einen Sicherheitspuffer i. H. v. 1,25 Prozentpunkten und
IV. sofern dem Institut eine Eigenmittelzielkennziffer bekanntgegeben wurde, den den Kapitalerhaltungspuffer nach § 10c KWG übersteigenden Teil der zum Zeitpunkt der Meldung aktuellen Eigenmittelzielkennziffer.
3. Die Erlaubnis nach Ziffer 1 sowie die Genehmigung nach Ziffer 2 ergehen jeweils unter der Auflage, dass zusammen mit der Meldung zur Eigenmittelausstattung zum Ende des Geschäftsjahres eine Aufstellung aller im Geschäftsjahr neu begebenen und eingezahlten sowie gekündigten aber noch nicht zurückgezahlten Geschäftsanteile an die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und die Deutsche Bundesbank übersendet wird. Der Aufstellung sind eine Kopie der Meldebögen C 03.00 – Kapitalquoten und Kapitalisierungen (CA 3) und C 04.00 – gemäß Anhang I der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 680/2014 der Kommission vom 16.04.2014 zum Ende des Geschäftsjahres sowie die Berechnung der Ziffer 2 a) und die der Kapitalquoten nach Ziffer 2 b) beizufügen. Die erforderlichen Unterlagen sollen mindestens zwei Monate vor der Vertreterversammlung unter Angabe des Termins der geplanten Vertreterversammlung von dem Institut an die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und die Deutsche Bundesbank übermittelt werden.
4. Diese Allgemeinverfügung ergeht gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes befristet und gilt bis zum 31.12.2019.
5. Diese Allgemeinverfügung ergeht zudem unter dem Vorbehalt des Widerrufs nach § 36 Abs. 2 Nr. 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Der Widerruf kann auch einzelnen Instituten gegenüber erfolgen.
6. Die Allgemeinverfügung gilt an dem auf die ortsübliche Bekanntmachung folgenden Tag als bekannt gegeben.
Begründung
Am 28.06.2013 ist die Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 über die Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (im Folgenden „CRR“) in Kraft getreten. Ab dem 01.01.2014 gilt diese Verordnung für die von den Regelungen betroffenen Adressaten. In Ergänzung zur CRR ist am 03.04.2014 die Delegierte Verordnung Nr. 241/2014 (im Folgenden „EM RTS 1“) in Kraft getreten.
Ziffer 1 beruht auf Art. 26 Abs. 3 CRR, demgemäß seit dem 28.06.2013 begebene Kapitalinstrumente nur dann als Instrumente des harten Kernkapitals eingestuft werden dürfen, wenn die BaFin als zuständige Behörde hierfür die Erlaubnis erteilt hat.
Ziffer 3 beruht auf § 36 Abs. 2 Nr. 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (im Folgenden „VwVfG“) und ist notwendig, um der BaFin die erforderliche Kenntnis von Anzahl und Höhe der neu begebenen Geschäftsanteile nach Ziffer 1 beziehungsweise der gekündigten Geschäftsguthaben nach Ziffer 2 zu verschaffen, da diese Informationen auch bei Einzelfallentscheidungen gemäß Art. 26 Zi. 3 CRR und Art. 77 f. CRR bekannt zu geben wären.
Die Festsetzung einer regelmäßigen Einreichungsfrist dient der Konkretisierung der Erwartungen der Aufsicht. Die Angabe des Termins der geplanten Vertreterversammlung ist zur Überprüfung der Einhaltung der Frist erforderlich. Ein Zeitraum von zwei Monaten ist für die Bearbeitung der Meldung durch die Aufsicht notwendig, um gegebenenfalls noch rechtzeitig vor der Vertreterversammlung Einwände geltend machen zu können. Die Einreichungsfrist ist gegenüber dem Verfahren nach Art. 31 EM RTS 1 verkürzt, da es sich bei den unter die Allgemeinverfügung fallende Rückzahlungen um ein vereinfachtes, standardisiertes Verfahren handelt. In Einzelfällen können nach der gesonderten Begründung des Institutes auch kürzere Einreichungsfristen hingenommen werden.
Eines Antrags bedarf es weder für Ziffer 1 noch für Ziffer 2
Ziffern 2 bis 4 gehen auf Art. 32 Abs. 2 EM RTS 11 – i. V. m. Art. 77 lit. a), 78 Abs. 1 lit. b) CRR zurück. Ziffer 2 regelt die Rückzahlung von Geschäftsguthaben, sofern es sich bei den Geschäftsguthaben um hartes Kernkapital im Sinne der Art. 26 ff., Art. 92 CRR handelt. Mit dieser Allgemeinverfügung wird für die Rückzahlungsbeträge bis zur Höhe von 0,5 % des harten Kernkapitals (vor Rückzahlung) zum Ende eines Geschäftsjahres eine Genehmigung erteilt. Sofern der gemäß Ziffer 2 ermittelte Wert 0,5 % überschreitet, muss das Institut (nur) für die Rückzahlungsbeträge, die zur Überschreitung des Wertes von 0,5 % führen, einen Erlaubnisantrag stellen.
Die Ziffer 2 b) beruht auf Art. 78 Abs. 1 lit. b) CRR, wonach die BaFin die Erlaubnis zur Rückzahlung erteilt, wenn die Anforderungen nach Art. 92 Abs. 1 CRR und Art. 128 Nr. 6 CRD IV um eine Spanne übertroffen werden, die die BaFin auf der Grundlage des Art. 104 Abs. 3 CRD IV gegebenenfalls für erforderlich hält. Die kombinierte Kapitalpufferanforderung nach Art. 128 Nr. 6 CRD IV ist in Deutschland in § 10i KWG in nationales Recht umgesetzt. Art. 104 Abs. 3 CRD IV findet seine Umsetzung in nationales Recht in Deutschland in § 10 Abs. 3 KWG.
Die Festsetzung der Kapitalzuschläge im Rahmen des SREP erfolgt auf Grundlage des § 10 Abs. 3 S. 1 und 2 Nr. 1 KWG
Seit dem Jahr 2016 werden nach dem standardisierten Verfahren für den SREP Kapitalzuschläge für alle weniger bedeutenden Institute (Less Significant Institutions – LSIs) festgesetzt. Der Kapitalzuschlag stellt somit die Spanne nach Art. 78 Abs. 1 lit. b) CRR dar, um die die Kapitalanforderungen der Säule I (inklusive kombinierte Kapitalpufferanforderungen) überschritten werden müssen. Auch darüber hinaus möglicherweise bestehende Kapitalzuschläge müssen nach der Rückzahlung eingehalten werden und sind somit bei der Entscheidung über eine Rückzahlung zu berücksichtigen.
Durch die vorab genehmigte Rückzahlung darf nach Art. 32 Abs. 2 S. 2 EM RTS 1 weder die aktuelle noch die zukünftige Solvabilitätslage bedroht werden. Eine Bedrohung der zukünftigen Solvabilitätslage halte ich regelmäßig dann für unwahrscheinlich, wenn auch nach Rückzahlung neben den Anforderungen nach Art. 92 Abs. 1 CRR, § 10i KWG und § 10 Abs. 3 KWG zusätzlich ein Puffer i. H. v. 1,25 Prozentpunkten sowie der über den Kapitalerhaltungspuffer nach § 10c KWG hinausgehende Teil der Eigenmittelzielkennziffer eingehalten wird.
Die Eigenmittelzielkennziffer kann mit dem Kapitalerhaltungspuffer nach § 10c KWG verrechnet werden. Dies wird in der Allgemeinverfügung ebenfalls berücksichtigt.
Der Puffer i. H. v. 1,25 Prozentpunkten stellt einen Sicherheitspuffer dar, bei dessen Bemessung die nach dem KWG möglichen, in Deutschland bisher aber nicht angewendeten Kapitalpuffer (Antizyklischer Kapitalpuffer nach § 10d KWG und Kapitalpuffer für systemische Risiken nach § 10e KWG) berücksichtigt wurden.
Der Verweis auf die Allgemeinverfügung zur Anordnung von Eigenmittelanforderungen für Zinsänderungsrisiken im Anlagebuch war in der Allgemeinverfügung aufgenommen worden, da noch nicht alle Institute einen SREP-Bescheid und eine Eigenmittelzielkennziffer erhalten hatten. Um einer Ungleichbehandlung entgegenzuwirken, musste für die Institute, die noch keinen SREP Bescheid und keine Eigenmittelzielkennziffer erhalten hatten, ein alternativer Weg beschritten werden. Hierfür ist die Allgemeinverfügung zur Anordnung von Eigenmittelanforderungen für Zinsänderungsrisiken im Anlagebuch geeignet, die nur für die Institute gilt, für die noch kein SREP-Bescheid ergangen ist. Die Allgemeinverfügung zur Anordnung von Eigenmittelanforderungen für Zinsänderungsrisiken im Anlagebuch ist weiterhin in Kraft, so dass der Verweis auf diese vorsorglich bestehen bleibt.
Der Sicherung der aktuellen sowie künftigen Solvabilitätslage des Instituts dient auch die gegenüber dem EM RTS 1 strengere Festsetzung des Wertes unter Ziffer 2 a) auf 0,5 % des harten Kernkapitals. Die Kopie der Meldebögen ist beizufügen, um einen schnellen Abgleich der Angaben in der Berechnung nach Ziffer 2 a) mit den Meldedaten und die Überprüfung der Einhaltung der Kapitalquoten nach Rückzahlung gemäß Ziffer 2 b) zu ermöglichen.
Die Befristung unter Ziffer 4 und der Widerrufsvorbehalt unter Ziffer 5 finden ihre Grundlage in § 36 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwVfG. Die Befristung ist notwendig, um die Vorgaben der Ermächtigungsgrundlage, die eine Vorabgenehmigung nur für einen Zeitraum von bis zu einem Jahr erlaubt, zu erfüllen. Durch den Widerrufsvorbehalt erhält die Bundesanstalt die Möglichkeit, ungünstigen Entwicklungen hinsichtlich der Solvabilitätslage eines oder mehrerer Institute Rechnung zu tragen. Außerdem kann dadurch auf Änderungen im Hinblick auf neue gesetzliche Anforderungen reagiert werden.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht in Bonn oder Frankfurt am Main erhoben werden.
Raimund Röseler
Fußnote 1
In der englischen Fassung von Art. 32 des Eigenmittel-RTS ist sowohl in Absatz 1 als auch in Absatz 2 einheitlich von „redemption of Common Equity Tier 1 instruments of … cooperative societies …“ die Rede, während die deutsche Fassung in der Wortwahl variiert und in Absatz 1 von „Rückzahlung“ und in Absatz 2 von einem „Rückkaufsbetrag“ spricht. Da nicht erkennbar ist, dass mit der im Deutschen uneinheitlichen Wortwahl auch ein inhaltlicher Unterschied beabsichtigt ist und es sich bei Genossenschaftsbanken richtigerweise um die Rückzahlung von Geschäftsguthaben handelt, wird im Weiteren nur der Begriff „Rückzahlung“ verwandt.
Quelle: BaFin
Allgemeinverfügung Geschäftsguthaben für Genossenschaften für 2019 Geschäftszeichen
01 Januar 2019
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