Allgemeinverfügung Geschäftsguthaben für Genossenschaften für 2022

03 Januar 2022
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Raimund Röseler

Bekanntmachung der Allgemeinverfügung nach Art. 26 Abs. 3 und Art. 77 Abs. 1 lit. a), 78 Abs. 1 lit. b) der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012, zuletzt geändert durch die Verordnung (EU) 2020/873 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24.06.2020 (im Folgenden: CRR) und Art. 32 Abs. 2 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 241/2014 der Kommission vom 07.01.2014 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf technische Regulierungsstandards für die Eigenmittelanforderungen an Institute. Für alle Kreditinstitute gemäß § 1 Abs. 3d) Satz 1 KWG in der Rechtsform einer eingetragenen Genossenschaft, die gemäß Art. 6 Abs. 4 Unterabsatz 1 und Abs. 6 der Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 des Rates vom 15.10.2013 nicht der direkten Aufsicht durch die Europäische Zentralbank unterliegen, gilt Folgendes:

Für die gemäß der jeweiligen Satzung nach dem 28.06.2013 neu begebenen und eingezahlten Geschäftsanteile wird die Erlaubnis zur Einstufung als Instrumente des harten Kernkapitals gemäß Art. 26 Abs. 3 CRR erteilt, sofern die Geschäftsanteile die Voraussetzungen gemäß Art. 28 und 29, hier insbesondere Art. 29 Abs. 2 lit. a), der CRR erfüllen.

Für die Rückzahlung von Geschäftsguthaben aufgrund von seit dem 01.01.2014 erfolgten Kündigungen von Geschäftsanteilen, die Instrumente des harten Kernkapitals sind, wird die Genehmigung erteilt, sofern die folgenden Voraussetzungen kumulativ vorliegen:

a) Der wie folgt zu errechnende Wert überschreitet nicht die Höhe von (plus) 0,5%:

Von der Summe der Rückzahlungsbeträge aus allen noch nicht zurückgezahlten Kündigungen zum Ende des Geschäftsjahres 2021 wird die Summe aller im Geschäftsjahr 2021 neu begebenen und eingezahlten Geschäftsanteile nach Nummer 1 abgezogen. Das Ergebnis ist durch das harte Kernkapital zum Ende des Geschäftsjahres 2021 zuzüglich der Summe aller Rückzahlungsbeträge aus allen noch nicht zurückgezahlten Kündigungen zu dividieren. Der resultierende Wert ist durch Multiplikation mit dem Faktor 100 in eine Prozentzahl umzuwandeln.

b) Neben den Anforderungen nach Art. 92 Abs. 1 CRR und § 10i KWG hält das Institut folgende zusätzliche Anforderungen auch nach der Rückzahlung kumulativ ein:

I. sofern das Institut einen SREP – Bescheid erhalten hat, den zum Zeitpunkt der Einreichung der Unterlagen nach Nummer 3 bestehenden Kapitalzuschlag aus dem SREP nach § 10 Abs. 3 Satz 1 und 2 Nr. 1 KWG in der bis zum 28.12.2020 gültigen Fassung bzw. nach § 6c KWG in der seit dem 29.12.2020 gültigen Fassung,

anderenfalls die zusätzlichen Anforderungen aus der Allgemeinverfügung zur Anordnung von Eigenmittelanforderungen für Zinsänderungsrisiken im Anlagebuch vom 23.12.2016,

II. die möglicherweise darüber hinaus zum Zeitpunkt der Einreichung der Unterlagen nach Nummer 3 bestehenden weiteren Kapitalzuschläge nach § 10 Abs. 3 KWG in der bis zum 28.12.2020 gültigen Fassung bzw. nach § 6c Abs. 1 oder § 10 Abs. 3 KWG in der seit dem 29.12.2020 gültigen Fassung oder § 10 Abs. 4 KWG,

III. einen Sicherheitspuffer in Höhe von 0,75 Prozentpunkten und

IV. die zum Zeitpunkt der Einreichung der Unterlagen nach Nummer 3 aktuelle Eigenmittelempfehlung nach § 6d Abs. 1 KWG. Eine dem Institut vor Inkrafttreten des § 6d Abs. 1 KWG bekanntgegebene Eigenmittelzielkennziffer ist in Höhe des Teils, der den Kapitalerhaltungspuffer nach § 10c KWG übersteigt (Netto – Eigenmittelzielkennziffer), wie eine Eigenmittelempfehlung nach § 6d Abs. 1 KWG zu behandeln.

Die Erlaubnis nach Nummer 1 sowie die Genehmigung nach Nummer 2 ergehen jeweils unter der Auflage, dass zusammen mit der aktuellsten Quartalsmeldung zur Eigenmittelausstattung eine Aufstellung aller im letzten Geschäftsjahr neu begebenen und eingezahlten sowie gekündigten, aber noch nicht zurückgezahlten Geschäftsanteile an die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und die Deutsche Bundesbank übersendet wird. Der Aufstellung sind eine Kopie der aktuellsten Meldebögen C 03.00 – Kapitalquoten und Kapitalisierungen (CA 3) und C 04.00 – Zusatzinformationen (CA 4) gemäß Anhang I der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 680/2014 der Kommission vom 16.04.2014 sowie die Berechnung der Nummer 2a) und die der Kapitalquoten nach Nummer 2b) beizufügen. Die erforderlichen Unterlagen sollen mindestens zwei Monate vor der Feststellung des Jahresabschlusses unter Angabe des geplanten Feststellungstermins vom Institut an die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und die Deutsche Bundesbank übermittelt werden.

Diese Allgemeinverfügung ergeht gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes befristet und gilt bis zum 31.12.2022.

Diese Allgemeinverfügung ergeht zudem unter dem Vorbehalt des Widerrufs nach § 36 Abs. 2 Nr. 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Der Widerruf kann auch einzelnen Instituten gegenüber erfolgen.

Die Allgemeinverfügung gilt an dem auf die ortsübliche Bekanntmachung folgenden Tag als bekanntgegeben. Begründung:

Am 28.06.2013 ist die Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.03.2013 über die Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 in Kraft getreten. Seit dem 01.01.2014 gilt diese Verordnung für die von den Regelungen betroffenen Adressaten. In Ergänzung zur CRR ist am 03.04.2014 die Delegierte Verordnung Nr. 241/2014 (im Folgenden: EM RTS 1) in Kraft getreten.

Nummer 1 beruht auf Art. 26 Abs. 3 CRR, demgemäß seit dem 28.06.2013 begebene Kapitalinstrumente nur dann als Instrumente des harten Kernkapitals eingestuft werden dürfen, wenn die BaFin als zuständige Behörde hierfür die Erlaubnis erteilt hat.

Nummer 3 beruht auf § 36 Abs. 2 Nr. 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (im Folgenden: VwVfG) und ist notwendig, um der BaFin die erforderliche Kenntnis von Anzahl und Höhe der neu begebenen Geschäftsanteile nach Nummer 1 bzw. der gekündigten Geschäftsguthaben nach Nummer 2 zu verschaffen, da diese Informationen auch bei Einzelfallentscheidungen gemäß Art. 26 Abs. 3 CRR und Art. 77f. CRR bekanntzugeben wären.

Die Festsetzung einer regelmäßigen Einreichungsfrist dient der Konkretisierung der Erwartungen der Aufsicht. Die Angabe des Termins der geplanten Feststellung des Jahresabschlusses ist zur Überprüfung der Einhaltung der Frist erforderlich. Ein Zeitraum von zwei Monaten ist für die Bearbeitung der Meldung durch die Aufsicht notwendig, um ggf. noch rechtzeitig Einwände geltend machen zu können. Die Einreichungsfrist ist gegenüber dem Verfahren nach Art. 31 EM RTS 1 verkürzt, da es sich bei den unter die Allgemeinverfügung fallenden Rückzahlungen um ein vereinfachtes, standardisiertes Verfahren handelt. In Einzelfällen können nach der gesonderten Begründung des Instituts auch kürzere Einreichungsfristen hingenommen werden.

Eines Antrags bedarf es weder für Nummer 1 noch für Nummer 2.

Nummern 2 bis 4 gehen auf Art. 32 Abs. 2 EM RTS 1 – i.V.m. Art. 77 Abs. 1 lit. a), 78 Abs. 1 lit. b) CRR zurück. Nummer 2 regelt die Rückzahlung von Geschäftsguthaben, sofern es sich bei den Geschäftsguthaben um hartes Kernkapital im Sinne der Art. 26ff. CRR handelt. Mit dieser Allgemeinverfügung wird für die Rückzahlungsbeträge bis zur Höhe von 0,5% des harten Kernkapitals (vor Rückzahlung) zum Ende des Geschäftsjahres 2021 eine Genehmigung erteilt. Sofern der gemäß Nummer 2 ermittelte Wert 0,5% überschreitet, muss das Institut (nur) für die Rückzahlungsbeträge, die zur Überschreitung des Wertes von 0,5% führen, einen Erlaubnisantrag stellen.

Nummer 2b) beruht auf Art. 78 Abs. 1 lit. b) CRR, wonach die BaFin die Erlaubnis zur Rückzahlung erteilt, wenn das Institut hinreichend nachgewiesen hat, dass seine Eigenmittel und berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten nach der in Art. 77 Abs. 1 CRR genannten Handlung die Anforderungen nach dieser Verordnung und in den Richtlinien 2013/36/EU (CRD) und 2014/59/EU um eine Spanne übersteigen, die die BaFin für erforderlich hält. Die kombinierte Kapitalpufferanforderung nach Art. 128 Nr. 6 CRD ist in Deutschland in § 10i KWG in nationales Recht umgesetzt. Die Regelungen über die Anordnung zusätzlicher Eigenmittelanforderungen im Rahmen des SREP nach Art. 104 Abs. 3 CRD in der bis zum 26.06.2019 gültigen Fassung bzw. in Art. 104a CRD in der seit dem 27.06.2019 gültigen Fassung sind in Deutschland in § 10 Abs. 3 KWG in der bis zum 28.12.2020 gültigen Fassung bzw. in § 6c KWG in der seit dem 29.12.2020 gültigen Fassung in nationales Recht umgesetzt. Seit dem Jahr 2016 werden nach dem standardisierten Verfahren für den SREP Kapitalzuschläge für alle weniger bedeutenden Institute (Less Significant Institutions – LSIs) festgesetzt.

Durch die vorab genehmigte Rückzahlung darf nach Art. 32 Abs. 2 Satz 2 EM RTS 1 weder die aktuelle noch die zukünftige Solvabilitätslage bedroht werden. Eine Bedrohung der zukünftigen Solvabilitätslage halte ich regelmäßig dann für unwahrscheinlich, wenn auch nach Rückzahlung neben den Anforderungen nach Art 92 Abs. 1 CRR, § 10i KWG und § 10 Abs. 3 sowie § 6c KWG zusätzlich ein Puffer in Höhe von 0,75 Prozentpunkten sowie die Eigenmittelempfehlung nach dem am 29.12.2020 in Kraft getretenen § 6d Abs. 1 KWG eingehalten wird.

Eine vor Inkrafttreten des § 6d Abs. 1 KWG bekanntgegebene Eigenmittelzielkennziffer wurde ebenfalls im Rahmen des fortlaufenden aufsichtlichen Überprüfungs- und Bewertungsprozesses (Supervisory Review and Evaluation Process – SREP) nach § 6b Abs. 2 KWG und aufgrund von aufsichtlichen Stresstests nach § 6b Abs. 3 KWG ermittelt. Der über den Kapitalerhaltungspuffer nach § 10c KWG hinausgehende Teil der Eigenmittelzielkennziffer (Netto – Eigenmittelzielkennziffer) ist im Rahmen dieser Allgemeinverfügung daher wie eine Eigenmittelempfehlung nach § 6d Abs. 1 KWG zu behandeln.

Der Puffer in Höhe von 0,75 Prozentpunkten stellt einen Sicherheitspuffer dar, bei dessen Bemessung die nach dem KWG möglichen, in Deutschland jedoch aktuell nicht angewendeten Kapitalpuffer (antizyklischer Kapitalpuffer nach § 10d Abs. 3 KWG und Kapitalpuffer für systemische Risiken nach § 10e KWG) berücksichtigt wurden. Auch in Anbetracht der Erwartung, dass sich die wirtschaftlichen Folgen der Covid 19 – Pandemie auch in 2022 stärker auf die Kreditinstitute auswirken werden, ist diese aufsichtliche Anforderung an die Eigenkapitalausstattung zur Absicherung steigender Kreditrisiken im Rahmen einer generellen Genehmigung der Rückzahlung von Geschäftsguthaben geboten.

Der Verweis auf die Allgemeinverfügung zur Anordnung von Eigenmittelanforderungen für Zinsänderungsrisiken im Anlagebuch war in die Allgemeinverfügung aufgenommen worden, da noch nicht alle Institute einen SREP – Bescheid und eine Eigenmittelzielkennziffer erhalten hatten. Um einer Ungleichbehandlung entgegenzuwirken, musste für die Institute, die noch keinen SREP – Bescheid und keine Eigenmittelzielkennziffer erhalten hatten, ein alternativer Weg beschritten werden. Hierfür ist die Allgemeinverfügung zur Anordnung von Eigenmittelanforderungen für Zinsänderungsrisiken im Anlagebuch geeignet, die nur für die Institute gilt, für die noch kein SREP – Bescheid ergangen ist. Diese Allgemeinverfügung ist weiterhin in Kraft, so dass der Verweis darauf vorsorglich bestehen bleibt.

Der Sicherung der aktuellen sowie künftigen Solvabilitätslage des Instituts dient auch die gegenüber dem EM RTS 1 strengere Festsetzung des Wertes unter Nummer 2a) auf 0,5% des harten Kernkapitals. Die Kopie der Meldebögen ist beizufügen, um einen schnellen Abgleich der Angaben in der Berechnung nach Nummer 2a) mit den Meldedaten und die Überprüfung der Einhaltung der Kapitalquoten nach Rückzahlung gemäß Nummer 2b) zu ermöglichen.

Die Befristung unter Nummer 4 und der Widerrufsvorbehalt unter Nummer 5 finden ihre Grundlage in § 36 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwVfG. Die Befristung ist notwendig, um die Vorgaben der Ermächtigungsgrundlage, die eine Vorabgenehmigung nur für einen Zeitraum von bis zu einem Jahr erlaubt, zu erfüllen. Durch den Widerrufsvorbehalt erhält die Bundesanstalt die Möglichkeit, ungünstigen Entwicklungen hinsichtlich der Solvabilitätslage eines oder mehrerer Institute Rechnung zu tragen. Außerdem kann dadurch auf Änderungen im Hinblick auf neue gesetzliche Anforderungen reagiert werden

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht in Bonn oder Frankfurt am Main erhoben werden.

Raimund Röseler ist CEO of Banking Supervision BaFin.

Bild: Bernd Roselieb / BaFin.

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