Hardeman hatte 26 Jahre lang täglich Roundup auf seinem Grundstück versprüht, um gegen besonders aggressiven Giftefeu vorzugehen. 2015 wurde bei ihm ein Non-Hodgkin-Lymphom diagnostiziert, 2016 reichte er Klage ein. Bayer argumentierte vergebens, dass nicht Roundup, sondern Hardemans Hepatitiserkrankung eine entscheidende Rolle bei der Entstehung des Lymphdrüsenkrebses gespielt habe.
Der Schuldspruch ist insofern überraschend, als Beobachter davon ausgegangen waren, dass die Rahmenbedingungen des Prozesses in San Francisco günstig für Bayer seien. Der federführende Richter Vince Chhabria hatte vor Prozessbeginn Ende Februar entschieden, das Verfahren in zwei Phasen zu unterteilen: In einer ersten sollte möglichst objektiv die wissenschaftliche Frage geklärt werden, ob Roundup ursächlich für Hardemans Krebs war. Nur wenn die Geschworenen dies bejahten, dürften die Kläger in einer zweiten Phase mutmassliche Beweise dafür vorlegen, dass Monsanto versucht habe, Risiken zu verschweigen und die öffentliche Meinung zu manipulieren.
Diese Zweiteilung wurde als positiv für Bayer bewertet. Die Anwältin des Klägers hatte jedoch beim Prozessauftakt am 25. Februar wiederholt gegen die Anweisung des Richters verstossen und den Geschworenen Informationen präsentiert, die eigentlich erst für die zweite Prozessphase zugelassen waren. Sie war dafür vom Richter Chhabria heftig gerügt worden und musste eine Strafe von 500 $ entrichten.
Bereits vor dem zweiten Schuldspruch hatten mehr als 11 200 Privatpersonen, Landwirte und Landschaftsgärtner in den USA Klage gegen Bayer wegen des Unkrautvernichters eingereicht, weil Roundup bei ihnen Lymphdrüsenkrebs und andere Krebsarten hervorgerufen habe. Mehr als 760 Fälle sind allein am Bundesbezirksgericht in San Francisco pendent. Richter Chhabria hatte deswegen eine Handvoll Klagen als Testfälle ausgesucht – darunter auch den nun verhandelten Fall von Hardeman. Sogenannte «bellwether trials» sind eine Eigenheit des amerikanischen Rechtssystems bei Produkthaftungsklagen. Sie gelten als Wegweiser für künftige Fälle, etwa hinsichtlich der Frage, ob sich Kläger und Verteidiger besser aussergerichtlich einigen, welche Art von Beweisen zugelassen wird und wie hoch der Schadenersatz sein kann.
In der zweiten, voraussichtlich zwei Wochen dauernden Prozessphase wird es nun ab Mittwoch darum gehen festzulegen, welchen Schadenersatz Bayer leisten muss und inwiefern der Konzern versucht hat, die öffentliche Meinung zu manipulieren. Den Anwältinnen des Klägers liegen offenbar E-Mails vor, die zeigen sollen, wie Monsanto dies zu erreichen versuchte. Die Anwältinnen des Klägers sagten in einer Stellungnahme, sie freuten sich darauf, diese E-Mails den Geschworenen zu präsentieren: «Nun können wir uns auf die Beweise dafür konzentrieren, dass Monsanto sich bei der Beurteilung der Sicherheit von Roundup nicht verantwortungsvoll und objektiv verhalten hat.»