Die Deutschen stehen einer neuartigen Methoden zur Bonitätsbewertung, dem „Social Scoring“, mehrheitlich skeptisch gegenüber. Das zeigt eine repräsentative Umfrage der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC unter 1.000 Bundesbürgern zwischen 18 und 70 Jahren. Beim Social Scoring wird die Kreditwürdigkeit eines Kunden auf Basis von Social-Media-Aktivitäten ermittelt. 56 Prozent der Deutschen sehen darin eher eine Gefahr für ihre Bonität, nur elf Prozent glauben, sie kämen dadurch leichter an einen Kredit.
„Beim Social Scoring wird die Kreditwürdigkeit eines Kunden nicht mehr allein anhand seiner Einkommenssituation oder seines Schufa-Eintrags ermittelt, sondern auf Basis von Informationen, die der Antragssteller über sich selbst in den sozialen Medien hinterlässt – in der Regel werden bis zu 1.000 Einzelparameter des Online-Verhaltens analysiert“, erläutert Andreas Hufenstuhl, Experte für Data & Analytics im Bereich Financial Services bei PwC Deutschland.
„Was sollen die Banken mit diesen Daten überhaupt anfangen?“
In Deutschland wird Social Scoring noch nicht eingesetzt – und das mit gutem Grund: 56 Prozent der Befragten sehen in der neuen Methode „eher eine Risiko“ für ihre eigene Bonität – während nur elf Prozent glauben, sie kämen durch Social Scoring womöglich leichter an einen Kredit. Diese Bedenken rühren vor allem daher, dass die Befragten fürchten, Finanzdienstleister könnten aus den Informationen im Internet falsche Schlüsse über sie ziehen (71 Prozent). Zudem stimmen 56 Prozent der Aussage zu: „Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, was die Banken mit meinen Daten aus den sozialen Medien eigentlich anfangen sollen.“ Und nur 23 Prozent würden lieber einem Social Scoring zustimmen als eine Schufa-Auskunft vorzulegen – selbst wenn die Daten vertraulich und sachgemäß behandelt würden.
Für PwC-Experte Hufenstuhl steht damit fest: „Banken und andere Finanzdienstleister sollten das Für und Wider eines Social Scoring sehr gut abwägen, ehe sie über die Einführung einer solchen Ratingmethode nachdenken. Denn jenseits der technologischen Fragen hängt der Erfolg neuer Verfahren ganz entscheidend davon ab, ob die Kunden das überhaupt mitmachen.“
Große Offenheit bei jüngeren Kunden
Das freilich könnte sich in den kommenden Jahren ändern. Denn die PwC-Umfrage deutet auch darauf hin, dass die Akzeptanz unter den Kunden mit der Zeit steigen könnte. So meinen zum Beispiel schon jetzt 38 Prozent der 18- bis 25-Jährigen, sie würden die nicht-sichtbaren Daten ihrer Social-Media-Profile für eine Bank zugänglich machen, wenn sie dadurch womöglich einen günstigeren Kredit erhalten.
Sofern der Kunde detailliert bestimmen kann, welche Daten die Bank sieht und welche nicht, steigt die mögliche Zustimmung in der jüngsten Alterskohorte sogar auf 61 Prozent. Darüber hinaus ist auch interessant, dass die Befragten ihre Daten eher einer Bank oder einer Versicherung zugänglich machen würden (22 Prozent über alle Altersgruppen hinweg) als einem Online-Händler wie Zalando (20 Prozent) oder einem Technologie-Unternehmen wie Apple (16 Prozent).
Wenn „Social Scoring“ bekannter wird, könnte auch die Akzeptanz steigen
Und noch ein Befund aus der Umfrage deutet darauf hin, dass sich die Banken zumindest auf mittelfristige Sicht mit alternativen Methoden zur Bonitätsbeurteilung befassen sollten: Nur 31 Prozent der Befragten gaben an, überhaupt schon mal etwas von Social Scoring gehört zu haben – während das Thema für 58 Prozent jedenfalls bis zur Umfrage völlig neu war.
„Die Erfahrung zeigt, dass die Akzeptanz für innovative Verfahren mit steigender Bekanntheit zunimmt. Das dürfte bei der Bonitätsbewertung auf Basis von Social-Media-Daten genauso sein“, sagt PwC-Experte Hufenstuhl. Sein Fazit lautet daher: „Social Scoring mag noch kein Top-Thema für die Banken sein – könnte aber eins werden.“
Quelle: PwC