Was ist Blockchain und was macht man damit? Während sich ein Teil der Öffentlichkeit noch diese Fragen stellt, wird die Technologie seitens Experten bereits heiß diskutiert. Demnach hat sie das Potenzial, etablierte Geschäftsmodelle und somit die globalen Finanzmärkte fundamental zu verändern.
„Blockchain ist so vielfältig einsetzbar und bietet ein enormes Potenzial. Mit einer einzigen grundlegenden Technologie bieten sich unzählig viele Möglichkeiten. Jetzt geht es darum, diese sinnvoll zu nutzen, denn Blockchain wird sich über konkrete Anwendungsfälle den Weg in den Markt bahnen“, meinte Dr. Robert Bosch, Partner bei BearingPoint, im Rahmen einer Expertenrunde der Unternehmensberatung zu diesem Thema Ende Februar. Gemeinsam mit führenden Vertretern aus Wirtschaft und Politik ging es zum einen darum, Entwicklung und Vorteile der Technologie aufzuzeigen, zum anderen aber auch die größten Herausforderungen und den Bedarf an neuen gesetzlichen Richtlinien zu benennen.
Ungenutztes Potenzial – auch außerhalb der Finanzwelt
BearingPoint hat die Chancen von Blockchain bereits früh erkannt und im Rahmen seiner Ventures-Strategie ein entsprechendes Ökosystem geschaffen. Weltweites Erfolgsbeispiel ist der Zusammenschluss zwischen dem BearingPoint Spin-off Elevence und Digital Asset Holdings 2016, der die Umsetzung von Blockchain-Technologien vorantreibt. Eine technologische Lösung für Finanzinstitute ermöglicht beispielsweise die Ausführung von digitalen Vereinbarungen – mit einem hohen Maß an Sicherheit und Transparenz. So könnte durch die Nutzung von Blockchain auch die Dauer von Finanztransaktionen von 24 Stunden auf 0,1 Sekunden verkürzt werden, was zu erheblicher Kostenreduzierung führt.
Auch der Handel mit Wertpapieren sowie die Erfüllung regulatorischer Auflagen kann maßgeblich optimiert werden, wie Theodor Schabicki, Partner für Digital & Strategy bei BearingPoint, in der Expertenrunde anführt: „Die Technologie weist hinsichtlich lückenloser und kaum manipulierbarer Dokumentation von Kontrakten klare Vorteile aus Sicht der Regulierung auf.“
Neben den klassischen Anwendungsbereichen hat die Expertenrunde nach weiteren Beispielen gesucht, bei denen die graduelle Integration von Blockchain hilfreich sein kann. Iris Grewe, BearingPoint Partner im Bereich Financial Services, verweist in diesem Zusammenhang auf folgende Aspekte: „Im öffentlichen Sektor können Blockchains beispielsweise als Register zur Erfassung von Wirtschaftsgütern eingesetzt werden. In diesem Zusammenhang bietet die Technologie Chancen für Länder, in denen keine funktionierende Infrastruktur öffentlicher Grundbücher und Register existiert, da durch die Blockchain Eigentumsrechte der Bürger dokumentiert und geschützt werden können. Sollten sich Blockchain-Lösungen in diesen Märkten etablieren, sind zudem Adaptionseffekte in stärker entwickelten Ländern zu erwarten.“
Nur eine Frage der Zeit und der Rahmenbedingungen
Trotz all der Euphorie steht Blockchain noch vor zahlreichen Herausforderungen. Denn bei einem Punkt waren sich die Experten einig: Auch wenn sich die Technologie etablieren und als Basis für Systeme und Prozesse weiterentwickeln wird, braucht Innovation Zeit und kann an manchen Stellen schon mal wehtun.
„Wir sind bei den Netzwerkeffekten für digitale Währungen erst dort, wo die E-Mail 1993 war. Das weitere Potenzial ist riesig“, erläutert Oliver Flaskämper von bitcoin.de. Er unterstreicht dabei noch einmal die Interdependenz zwischen der Blockchain-Technologie und digitalen Währungen wie Bitcoin.
Für Frank Schäffler vom Freiheitsinstitut Prometheus sowie Bundestagsabgeordneter a.D. bedeutet das auch, dass einige auf der Strecke bleiben: „Der Wandel zur Blockchain-Technologie wird kommen, die Frage ist lediglich, wer in Zukunft mitspielen wird und wer nicht.“ Und Dr. Bosch ergänzt: „Innovation ist ein großes Wort, für das man manchmal teuer bezahlen muss. Auch vielen Blockchain-Startups wird es so gehen, die Technologie als solche aber wird sich durchsetzen.“
Um die Entwicklung zu beschleunigen und die Digitalisierung im Geschäftsbereich voranzutreiben, müssen vor allem die entsprechenden technischen und gesetzlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Dies betrifft nicht nur das gesamte Finanzsystem, sondern auch die Strukturen im öffentlichen Sektor.
Karsten Treiber von der LBBW eigenen Unternehmensberatung targens adressiert das Bedürfnis wie folgt: „Mehr rechtliche Klarstellungen bezüglich der Behandlung von Smart Contracts als Anwendung der Blockchain wären zu begrüßen.“ Und Schäffler fügt hinzu: „Das steuerliche Umfeld für digitale Währungen ist nicht zu vernachlässigen, weil es entweder Geschäftsmodelle erlaubt oder kaputt macht. Wenn Deutschland beim Thema digitale Währungen und Blockchain vorne bleiben will, muss steuerliche Sicherheit geschaffen werden.“