Der deutsche Fondsverband BVI hat die im Jahr 2003 eingeführten Wohlverhaltensregeln der Branche erweitert. Wesentliche Änderungen sind der Grundsatz „comply or explain“, die Aufnahme der Leitlinien zum verantwortlichen Investieren und die Streichung aller durch das Kapitalanlagegesetzbuch geregelten Pflichten wie die Vorkehrungen zum Umgang mit Interessenkonflikten oder der Ausweis von laufenden Kosten.
„Das aktualisierte Regelwerk ist ein Fortschritt. Es legt ausschließlich freiwillige Standards fest und trägt der Treuhänderschaft Rechnung, die Asset Managern besondere Pflichten gegenüber ihren Anlegern auferlegt“, sagt Thomas Richter, Hauptgeschäftsführer des BVI. Die überarbeiteten Wohlverhaltensregeln gelten ab dem 1. Januar 2017 mit einer Übergangsfrist von neun Monaten.
Die BVI-Wohlverhaltensregeln formulieren in fünf Grundsätzen, dass
1. Fondsgesellschaften keine unangemessenen Kosten und Gebühren erheben sowie Anlegerinteressen nicht durch marktmissbräuchliche Praktiken beeinträchtigen,
2. Fondsgesellschaften klare Ausführungsgrundsätze zur marktgerechten Abwicklung und eine faire Anlegerbehandlung beachten,
3. Fondsgesellschaften klar, umfassend und verständlich informieren,
4. Geschäftsleitung und Aufsichtsrat auf eine gute Corporate Governance der Fondsgesellschaft hinwirken und
5. Fondsgesellschaften gesellschaftliche Verantwortung in ökologischen, sozialen Belangen sowie zur guten Unternehmensführung (ESG) übernehmen.
Im fünften Grundsatz sind die 2012 vom BVI eingeführten Leitlinien zum verantwortlichen Investieren integriert. Die Wohlverhaltensregeln sehen vor, dass die Fondsgesellschaften im Rahmen ihrer treuhänderischen Verantwortung auch ESG-Kriterien berücksichtigen, um Risiken bei Investitionen in Wertpapieren und Sachwerten einzustufen. Die Fondsgesellschaften treffen zudem Vorkehrungen, die in den
weltweit anerkannten Kodizes wie dem „UN Principles for Responsible Investment“ verankerten Prinzipien in ihren Investmentprozessen in angemessenem Umfang einzubeziehen.
Die Fondsgesellschaften informieren ihre Anleger, ob und inwieweit sie die Wohlverhaltensregeln einhalten. Sie können von den Grundsätzen abweichen, müssen dies dann aber jährlich offenlegen und Abweichungen begründen. Sofern die Regeln von vornherein nicht zur jeweiligen Anlagestrategie oder Geschäftstätigkeit passen, müssen Fondsgesellschaften die Abweichungen nicht gesondert begründen. So ist etwa die Regel zur Festlegung eines Schwellenwertes für eine Portfolioumschlagsrate nicht für ETFs relevant, da sie lediglich einen Index nachbilden.